Pirmasens Kannst du einen Hirsch erwürgen?

Unglaublich, wie Carolin Kebekus zwei Stunden lang ganz allein die große Hallenbühne ausfüllt, Präsenz zeigt und Frauenpower ver
Unglaublich, wie Carolin Kebekus zwei Stunden lang ganz allein die große Hallenbühne ausfüllt, Präsenz zeigt und Frauenpower verbreitet.

„Die Pussy des Menschen ist unantastbar. Es sei denn, ihre Eigentümerin stimmt ausdrücklich zu“: Mit Artikel Eins der Verfassung ihrer „Pussy Nation“ zeigt die Komikerin Carolin Kebekus gleich zu Beginn, wo es langgeht. Zwei Stunden lang verbreitete die Kölnerin in der ausverkauften Saarbrücker Saarlandhalle ihr Credo, dass eine Frau zugleich überzeugte, kämpferische Feministin sein und zugleich Spaß am Sex haben kann.

Manchem Zeitgenossen mag die Kunst der 38-jährigen Comedienne etwas derb daherkommen. Doch mit all der entwaffnenden Fröhlichkeit und guten Laune könnte sie sogar Zoten von Mario Barth reißen – und schon kämen solch flache Gags völlig anders rüber. Dies aber nur zum Vergleich. Selbstverständlich spielt Carolin Kebekus in einer ganz anderen Liga als der Berliner. Dem Publikum ist Kebekus aus der „Heute-Show“ bekannt; und aus ihrer ARD-Comedyreihe „Pussy Terror TV“. Dort brilliert die Komikerin mit Parodien wie der tumben Fußballer-Figur „Mario Großreus“ und mit Parodien etwa von Frauke Petry oder Melania Trump. Wer erwartet hätte, dass die Alleinunterhalterin ihr Liveprogramm zuweilen zum Einspielen solcher Videos unterbrechen würde, der täuscht sich: Unglaublich, wie Carolin Kebekus zwei Stunden lang ganz allein die große Hallenbühne ausfüllt, Präsenz zeigt und Frauenpower verbreitet – im freien Vortrag. Ohnehin hat Kebekus keinerlei Schwierigkeiten, so zu reden, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Apropos Trump: „Der ist zu doof zum Kacken, der twittert ja die ganze Scheiße.“ Trendy Hipster-Boys mit bärigen Vollbärten gibt sie Saures: „Kannst du einen Baum fällen? Kannst du einen Laster reparieren? Kannst du einen Hirsch erwürgen? Nein? Rasier dich.“ Mitunter, so erzählt Kebekus, werde sie dafür kritisiert, dass sie trotz „Me Too“-Debatte vom Thema Sex nicht lassen wolle. „Sex ist, wenn alle beide Bock haben“, hält sie dagegen: „Deshalb ärgert es mich ja so, wenn die Zeitung über ,Sex-Skandale’ von Harvey Weinstein oder Kevin Spacey schreibt. Nein, das sind keine Sex-, das sind Missbrauchsskandale.“ Wüste Zeitgenossen machen sich offenbar einen Spaß daraus, die Gesichter von Prominenten per Fotomontage auf die Körper nackter Pornodarsteller zu platzieren und das Ganze dann ins Internet zu stellen. Auch Carolin Kebekus ist es so ergangen. „Manche dieser Montagen sind dermaßen gut – da frage ich mich, ob die Bilder nicht doch echt sind. Aber auf dem einen Foto, das weiß ich genau, das war in Wirklichkeit ein Mikrofon, das ich da in der Hand hatte.“ Sie wird nicht müde, das alleinige Recht jeder Frau an ihrem Körper zu betonen. Dabei weiß Carolin Kebekus nur zu gut, dass gerade Frauen mit ihren Geschlechtsgenossen besonders unbarmherzig umgehen: „Neulich habe ich einen Sketch auf Youtube gepostet und dafür dann 2000 Kommentare gekriegt. Oh, hab’ ich gedacht, habe ich jetzt eine politische Debatte losgetreten?“ Weit gefehlt: „Die haben sich alle das Maul darüber zerrissen, dass ich wackelnde Oberarme habe. Winkefleisch. Natürlich waren das ausnahmslos Frauen, die das geschrieben haben.“ Spricht’s, wedelt frohgemut mit ihren Oberarmen und singt dazu ein Abschlussliedchen. Ihrem weiblichen Publikum hat die Komikerin am Freitag eine geballte Ladung Selbstbewusstsein serviert. Sollte es Männer geben, denen so etwas Angst macht, dann sind die selbst schuld. Denn männerfeindlich kann Carolin Kebekus nicht sein: Dafür hat das andere Geschlecht viel zu gerne.

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