Pirmasens „Die Natur bleibt immer unberechenbar“

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Am ersten Oktoberwochenende geht der 18-jährige Höheischweilerer Niels Jung, der eigentlich als Slalomkanute für die Wassersportfreunde Zweibrücken startet, bei der Sickline-Wildwasser-Weltmeisterschaft im österreichischen Ötztal an den Start. Christoph Schiel sprach mit dem Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums Pirmasens.

Herr Jung, wie kommt man eigentlich auf die Idee, sich eine der schwersten Wildwasserstrecken auf der Welt in seinem Kajak hinunterzustürzen?

Die Wellerbrücke ist die „Königsetappe“ in den Alpen und jeder Wildwasserfahrer träumt davon, diese Strecke zu bezwingen. Seit Beginn meiner Wildwasserkarriere war es mein Ziel, mich irgendwann auf dieser Strecke mit den Besten der Welt zu messen. Wie haben Sie sich auf diese große Herausforderung vorbereitet? Meine Vorbereitung bestand aus einem kombinierten Kraft- und Ausdauertraining. Ich habe bis zu viermal die Woche im Boot trainiert und zusätzlich Krafttraining im Fitnessraum absolviert. Darüber hinaus habe ich im Frühjahr und Sommer durch Aufenthalte auf Korsika oder im Tessin versucht, meine Wildwasserkenntnisse und -fähigkeiten zu vertiefen. Sie machen nächstes Jahr am Immanuel-Kant-Gymnasium in Pirmasens Ihr Abitur. Wie lässt sich das mit diesem enormen zeitlichen Aufwand, den Sie betreiben, vereinbaren? Das Kant-Gymnasium unterstützt Schüler mit sportlichen Ambitionen enorm und hat mir hierfür immer die notwendigen Freiräume geboten. Zusätzlich schafft eine gute Koordination mit den Vereinskollegen und die Unterstützung meiner Eltern Zeit, in der man sich ausschließlich auf die Schule vorbereiten kann. Haben Sie berufliche Pläne? Können Sie sich vorstellen, im Bereich des Kajaksports Ihr Geld zu verdienen? Nein, ich habe noch keine konkrete berufliche Pläne. Kajakfahren bietet leider nicht die finanziellen Möglichkeiten anderer Sportarten wie beispielsweise der Fußball. Sind Sie diese „Wellerbrücken-Strecke“ schon einmal befahren oder ist das ohne das Sicherheitsmanagement, das bei der Sickline-WM geboten ist, überhaupt nicht möglich? Ja, ich bin die „Wellerbrückenstrecke“ schon mehrmals befahren, jedoch ist das Risiko einer Befahrung außerhalb der Sickline-WM um einiges höher, denn auf einer solch anspruchsvollen Wildwasserstrecke lauern überall Gefahren, derer man sich einhundertprozentig bewusst sein muss. Was versteht man eigentlich unter dem Begriff „Sickline“ im Kajaksport? „Sick“ ist hier nicht im Sinne von „krank“ zu verstehen, sondern beschreibt die perfekte und schnellste Linie durch das Wildwasser. Welches Ziel haben Sie sich für Ihre erste Teilnahme an der Weltmeisterschaft gesteckt? Mein Traumziel wäre, unter den Top 25 der insgesamt 150 Athleten zu landen, jedoch wären für meine erste Teilnahme auch die Top 50 ein sensationelles Ergebnis. Man liest durchaus immer mal wieder von schweren Unfällen in diesem Sport, zum Teil mit ernsthaften Konsequenzen. Haben Sie denn überhaupt keine Angst bei dieser Extremsportart? Die größten Bedenken haben wohl immer noch meine Eltern. Eine Voraussetzung, um schweres Wildwasser zu paddeln, ist auf jeden Fall ein gesundes Verhältnis zwischen Respekt und Angst, denn man kann zwar versuchen, die Gefahren zu minimieren, allerdings bleibt die Natur immer unberechenbar. Ein einschneidendes Erlebnis hatte ich Anfang dieses Jahres, als ein guter Freund bei einem Unfall ums Leben kam. Mussten Sie in ihrer Paddelkarriere schon eine solch brenzlige Situation meistern? Ja, ich wurde schon des Öfteren mit brenzligen, zum Teil auch durchaus lebensgefährlichen Situationen konfrontiert, aber ich hatte bisher immer das Glück, mit einem sehr gut eingespielten Team auf dem Wasser zu sein, das mir aus den Situationen heraus half. In einer solchen Sportart ist es äußerst wichtig, sich zu jedem Zeitpunkt auf seine Kollegen verlassen zu können. Welche Tipps und Empfehlungen können Sie jungen Paddeltalenten, die auch einen solchen Weg einschlagen möchten, mit auf den Weg geben? (lachend) Maximal viele Kajakvideos anschauen und die „Lines“ auswendig lernen und selbst bei Protest der Eltern gilt hier die Devise „Keep on watching“!

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