Neustadt Wo die Liebe hinfällt

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Kirrweiler. Die Vorrichtung ist kompliziert, ein wenig beängstigend, alles andere als bequem und heißt im allgemeinen Sprachgebrauch Galgen. Doch damit muss Christian Matow leben – spielt er doch eine der beiden Hauptrollen in „Harold und Maude“, dem Stück, das das Kirrweilerer Edelhoftheater für die diesjährige Saison ausgesucht hat und mit dem es am Freitag Premiere im namensgebenden Edelhof in feiert.

„Harold und Maude“, ein Kultfilm in den 70ern, handelt von einem jungen Mann, der sich in eine 79-jährige Frau verliebt. Sie zeigt ihm, was Leben und Liebe ist. Beides hat der 19-Jährige, zu Hause bei seiner unterkühlten, keine Emotionen zeigenden und stets die Contenance wahrenden Mutter nie erfahren. Sie ignoriert komplett seine permanenten Selbstmordversuche, die doch nur ein Schrei nach Aufmerksamkeit und Zuwendung sind. Maude ist ganz anders, gefühlvoll, spontan, lebenslustig, direkt und manchmal ein wenig dreist. Was die Leute denken? Das ist ihr völlig wurschd. Gleich zu Beginn muss Harold dran glauben: Er erhängt sich. Ohne Hilfe schafft er es jedoch nicht, sich in die eigens zusammengebastelte Vorrichtung zu hieven. „Achtung“, ruft seine Frau Fatima, „dass du dich nicht wirklich erhängst“. Im Stück zumindest ist das nicht vorgesehen. Fatima Matow wird später als eine der drei Computer-Partnerinnen – auf diesem Wege sucht Harolds Mutter (Regina Wilhelm) eine Frau für ihren Sohn – brillieren. Umwerfend komisch mimt sie Sunshine Doré, die verrückte Schauspielerin, die „von nichts anderem als ihrem Instrumentarium redet“. Große Dolche und Messer spielen in der Szene eine Rolle. „Wo sind die eigentlich?“. Fatima Matow blickt sich um. Einige Kolleginnen tauchen im Hinterzimmer ab – „ich habe zwei gefunden“, ruft Meike Thirolf, die als Computerpartnerin Nummer eins sowie als Friedhofsgärtnerin gleich doppelt zu sehen ist. Computerpartnerin Nummer zwei, Nancy Mersch, spielt Sandy Andelfinger. Aus schierer Verzweiflung trinkt sie viel zu süßen Tee und plappert aufgeregt von ihrer „anregenden Tätigkeit“ bei „Henderson“ – ach nein – „Harrison Futtermittel“. Mädchen interessieren Harold nicht. Die unkonventionelle Maude (Lissy Wind) öffnet ihm das Tor zu einer anderen Welt. Sie liefert sich herrliche Wortduelle mit der Frau Pastorin (Christiane Zeil) und der Frau Inspektorin (Christiane Asam). Im Moment aber kämpft sie mit dem Sitzsack, auf dem sie sich in der leer geräumten Wohnung niederlassen soll. „Das geht einfach net“, ruft sie nach einem gescheiterten Versuch, sich mit Verve auf die Füße zu stellen. Regisseur Bodo Redner kennt kein Pardon. „Das wird schon.“ Maude hangelt sich irgendwie nach oben. Die Mitspieler klatschen. „Geht doch“, kommt es lapidar vom Saalende. Obgleich mit vielen skurrilen Momenten durchsetzt, bietet das Stück auch Herzzerreißendes. „Zeig Gefühle, du verliebst dich immerhin in sie.“ Christian Matow grummelt: „Jo, mach ich doch.“ Dem Regisseur genügt es nicht. Gar nicht „amused“ über die Brautwahl ihres Sohnes ist Mutter Helen Chasen. Spiele mal einer gekonnt Verzweiflung. In ihrer Not fleht sie die Pastorin und die Psychologin (Simone Fischer-Gora) um Hilfe an. Doch auch von diesen lässt sich Harold nicht bekehren. Im Hintergrund erklingt die Filmmusik von Cat Stevens. „Wir brauchen jetzt aber Klaviermusik von Chopin“, meint Matow. „Haben wir nicht“, gibt Stefan Eichhorn, der für die Technik verantwortlich zeichnet, zurück. Fatima Matow zückt ihr Liste und notiert ... Das eine oder andere Utensil fehlt noch, an manchen Szenen gilt es noch zu feilen. „Wer dekoriert um, wer räumt die Stühle weg?“. Manfred Loew, der zwei stumme Rollen spielt, erklärt sich bereit einzuspringen. Gut. Die Kostüme sind ausgesucht, nur paar Details sind zu ändern. Um Frisuren und Make-up kümmert sich Katharina Beck. Und warum wird gerade „Harold und Maude“ gespielt? „Und warum nicht?“. Bodo Redner lacht. Er hat der Gruppe im Frühjahr einige Stücke vorgeschlagen. Die Abstimmung war eindeutig. Rasch waren die Rollen verteilt. Dass der ursprüngliche Harold kurzfristig krankheitsbedingt absagen musste, sei eine Herausforderung gewesen. Aber Redner ist zuversichtlich: „Das wird klappen.“ Termine Das Edelhoftheater Kirrweiler feiert mit „Harold und Maude“ am Freitag, 6. November, um 20 Uhr Premiere im großen Saal des Edelhofs in Kirrweiler. Fünf weitere Aufführungen gibt es an den Freitagen 6. und 13. November sowie an den Samstagen 7., 14. und 21. November, jeweils um 20 Uhr. Karten (10/8 Euro) unter 06321/5790067, bei der Beauty Lounge, Soderweg 7, in Kirrweiler sowie unter www.karten.edelhoftheater.de. (zgs)

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