Neustadt „Von Polemik geprägt“

Im Gespräch über den Wandel des Frauenbilds seit den 1960ern: Isabell Opielka und Christoph Keppler.
Im Gespräch über den Wandel des Frauenbilds seit den 1960ern: Isabell Opielka und Christoph Keppler.

Die Frauen des SPD-Stadtverbands sind die ersten: Traditionell am Donnerstag vor dem offiziellen Weltfrauentag am 8. März lädt der Arbeitskreis Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zu einem unterhaltsamen Abend ins Casimirianum. Diesmal erfuhren die nicht nur weiblichen Zuhörer Erstaunliches über das Bild der Frau in der öffentlichen Diskussion.

Ida Müller als Organisatorin des Abends und „graue Eminenz“, wie Moderatorin Isabell Mackensen sie scherzhaft nannte, hatte es wieder geschafft, Alt und Jung in einem Programm zusammenzubringen. Die ganz Jungen begeisterten als Streicherklasse der Eichendorff-Schule mit viel Klang und großer Spielfreude. „Egal, wer man ist und woher man kommt – die Sprache der Musik ist universell“, erläuterte Elke Schlimbach das Konzept der Streicherklasse. Damit weiterhin viele Kinder Musik erleben dürfen, erhielt die Schule eine kleine Finanzspritze sowohl vom ASF als auch vom SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Andreas Böhringer. Nur zwölf von 44 Sitzen im Stadtrat, drei von neun Posten als Ortsvorsteher und eine Position in der Stadtspitze sind in Neustadt weiblich besetzt - mit diesen nüchternen Zahlen leitete Isabell Mackensen zum Thema des Abends über. Es gebe auch in Neustadt noch viel zu tun in Sachen Gleichberechtigung. Aber von welchen Frauen sprechen wir eigentlich? Von der alleinerziehenden Krankenschwester oder der Gattin des Oberarztes, von der Firmenchefin oder deren Putzfrau? Das hatten sich Isolde Opielka und Christoph Keppler von der Schauspielgruppe Neustadt gefragt und sich auf die Suche nach dem Frauenbild in der öffentlichen Diskussion von 1960 bis heute gemacht. Den Zuhörern präsentierte das Duo eine Lesung mit Zitaten aus Fernsehsendungen, Zeitungsartikeln und Kommentaren aus dem Internet – unkommentiert, wie sie augenzwinkernd anmerkten. So erfuhr man, dass sich noch 1964 viele Bürger nicht vorstellen konnten, Frauen in Führungspositionen zu sehen – die Biologie lasse das nicht zu. 1973 wurde die autofahrende Frau in einer Sendung der Reihe „Der 7. Sinn“ sogar als Verkehrshindernis bezeichnet. Aber auch im aktuellen Bundestag sehen die Frauen ihre Position eher negativ, wie ein WDR-Beitrag zeigte: „Die Frauenförderung gelangt da an Grenzen, wo es an die Posten der Männer geht“, gibt dort eine Politikerin zu Protokoll. Gegenwind bekommt die Sache der Frau aber nicht nur vom anderen Geschlecht, sondern auch von Frauen selber. Opielka und Keppler ließen das Publikum daran teilhaben, wie erbittert sich Alice Schwarzer mit Esther Vilar in den 70er Jahren um männlichen und weiblichen Feminismus stritt, wie Birgit Kelle in der Affäre um Rainer Brüderle ein Buch mit dem Titel „Dann mach doch die Bluse zu“ schrieb, und wie Catherine Deneuve in der aktuellen #MeToo-Debatte um die sexuelle Freiheit fürchtet. Einige Zitate aus Internetkommentaren machten zudem deutlich, dass die Ansichten aus den 60er Jahren auch heute noch auf Zustimmung stoßen. „Die Diskussion ist nicht sachlich, sondern von verbalen Entgleisungen und Polemik geprägt“, resümierten Opielka und Keppler. „Das tut der Sache der Frauen, und damit uns allen nicht gut“. Viel Stoff zum weiteren Gespräch also, zu dem die Chorgemeinschaft Choriander aus Mußbach einleitete. Mit modernen Pop-Songs in überzeugender Chorversion stimmten die Sänger das Publikum auf den geselligen Teil des Abends ein. Der Erlös aus Weinverkauf und Tombola wird den Kindergärten in Mußbach zu Gute kommen. Termin Zum Internationalen Frauentag lädt die Integrationsbeauftragten der Stadt, Eredesvinda Lopez y Herreros, zu einem Treffen im Caritas-Altenzentrum St. Ulrich, Konrad-Adenauer-Straße 49, am 8. März, 15 Uhr, ein.

x