Neustadt Selten ein Acht-Stunden-Tag

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„Eigentlich hatte ich mir beim Eintritt ins Berufsleben vorgenommen, nach jeweils zehn Jahren zu wechseln“, verrät Luiggi Hohenegger. Doch diesen Vorsatz konnte der 65-Jährige nicht einhalten, nachdem er 1988 als Geschäftsführer der Ökumenischen Sozialstation Nachfolger von Margarete Lichtenberger geworden war. Nach 28 Jahren wird er nun am Freitag in den Ruhestand verabschiedet. Dass es mit dem guten Vorsatz nicht geklappt hat – dafür gibt es einige gute Gründe. Da ist zunächst seine Familie. Vor vielen Jahren war es Ehefrau Anne Ehrenklau, die ihn in die Pfalz lockte. Beim Skifahren 1972 hatte sie der 21-jährige Südtiroler kennengelernt. „Wie das halt so ist im Winterurlaub“, sagt Hohenegger schmunzelnd. Damals studierte er in Innsbruck Geschichte und Psychologie fürs Lehramt und wechselte dann nach Landau, um nach dem Abschluss auf die „Lehrerschwemme“ zu treffen. So setzte er seine soziale Ader zunächst beim Internationalen Bund Sozialarbeit ein und betreute Aussiedler aus Osteuropa. Die Sozialstation erfuhr in den fast drei Jahrzehnten seiner Tätigkeit einen rasanten Wandel. Damals waren es 65 Mitglieder und zwischen 700 und 800 Kunden, heute kümmern sich 125 Arbeitskräfte um 1700 Patienten in häuslicher Pflege. Der Umsatz stieg von 800.000 Mark auf jetzt vier Millionen Euro. „Inzwischen werden Patienten wesentlich schneller aus dem Krankenhaus entlassen, wir sind dann gefragt zur Wundnachsorge“, erläutert Hohenegger. Immer noch sagt er „Wir“, obwohl er bereits vor einigen Tagen die Geschäfte an seine Nachfolgerin Natalja Arndt übergeben hat. Dass er sich mit der Sozialstation immer noch identifiziere, liege daran, dass er immer gerne zur Arbeit gegangen sei. Diese Art von Berufstätigkeit sei ein großes Glück gewesen, auch wenn es kaum einen typischen Acht-Stunden-Tag gegeben habe. Unterstützung gab es von seiner Familie, die beiden mittlerweile erwachsenen Kinder mussten sich an die langen Arbeitstage des Vaters gewöhnen. Jetzt freut sich der junggebliebene Rentner auf die freie Zeit mit seiner Frau und seinen drei Enkeln sowie auf die Treffen mit seinen vier Geschwistern in Südtirol. „Das machten wir bisher jedes Jahr. Wir hielten uns alle einen Termin an einem Wochenende frei. Dann treffen wir uns und unternehmen eine Wallfahrt.“ Dass die Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer oft auch die Alltagsprobleme der Pflege und der zu Pflegenden tangierte, verschweigt Hohenegger nicht, auch wenn die Verantwortung dafür seit 2006 bei Pflegedienstleiterin Anne Gardinger liegt. Denn das wirtschaftliche Arbeiten soll nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. So bedauert Hohenegger, dass für eine Minute Pflege mehr als eine Minute Bürokratie, sprich Dokumentation der durchgeführten Leistungen, notwendig wird. Er kritisiert die doppelte Erfassung, die von der Pflegekasse gefordert wird, und hofft, dass die Dinge mit der Reform der Pflegeversicherung ab 2017 einfacher werden. Ein weiteres Problem, das ihn als Geschäftsführer stets beschäftigte, war der Fachkräftemangel: „Wir haben ein unheimliches Defizit und versuchen es aufzufangen, indem wir selbst ausbilden.“ Schließlich sei die Pflege ein krisensicherer Arbeitsplatz. Die ambulante Pflege sei zudem besser bezahlt als der stationäre Einsatz und biete den Vorteil, dass die Dienstpläne individuell an die Bedürfnisse des Personals angepasst werden könnten. „Das ist ideal für Wiedereinsteiger und für Menschen, die gerne selbstständig arbeiten“, wirbt er für „seine“ Sozialstation. Entspannung suchte Luiggi Hohenegger so oft wie möglich beim Joggen im Ordenswald. „Ab dem fünften Kilometer wird der Kopf frei“, sagt er lächelnd. Seinen neuen Lebensabschnitt möchte er mit weiteren Erkenntnisgewinnen füllen. Als Gasthörer für Philosophie wird er seinen Geist weiter fordern. Und er wagt noch einen Blick in die Zukunft der Pflege. „Der größte Pflegedienst sind die Angehörigen. Aber sie brauchen Unterstützung. Es wird so kommen, dass die medizinischen Leistungen vom Fachpersonal durchgeführt werden. Die weiteren pflegerischen Leistungen unter dessen Aufsicht werden in einer Zwischenebene von ausgebildeten Helfern erledigt.“ Info Freitag, 7. Oktober, 14.30 Uhr, Aula des GDA-Wohnstifts, Verabschiedung von Luiggi Hohenegger und Einführung von Nachfolgerin Natalja Arndt.

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