Neustadt Segelflieger erneut am Start

Für den Segelflugsportverein ist es bereits der vierte Anlauf: 1988, 1997 und zuletzt 2007 hatte der Club Vorstöße unternommen, den Flugbetrieb auf Motorsegler und Ultraleichtflugzeuge zu erweitern. Der Plan war aber jeweils an der Zustimmung der Gemeinde gescheitert – vor allem aufgrund der Proteste von Anliegern aus der Wehlachsiedlung, die sich in der Nähe des Segelflugplatzes befindet. 1984 hat der Club das 46.000 Quadratmeter große Gelände unmittelbar östlich des Wehlachweihers 1 von der Gemeinde langfristig gepachtet. 1987 erhielt der Verein die Genehmigung für den Flugbetrieb – eingeschränkt auf den Segelflug. Starts sind nur mithilfe einer Schleppwinde erlaubt. Ausnahmen wurden in der Vergangenheit immer nur für das jährlich stattfindende Flugplatzfest gestattet: Nur an diesem einen Wochenende dürfen Motorsegler und Ultraleichtflugzeuge in Haßloch starten. Gegner: Weniger Lebensqualität Fünf Bürger aus der Wehlache sind nun alarmiert, nachdem sie erfahren hatten, dass der Verein bei der Gemeinde erneut eine Genehmigung beantragt hat, den Flugbetrieb zu erweitern. Hans Neubauer, Ingo Nicolaus, Dieter Sauerhöfer, Theo Sauter und Dieter Seiberth erwägen in einem Schreiben an die RHEINPFALZ, eine „Bürgerinitiative gegen Motorflug“ zu gründen. „Im südlichen Ortsteil wohnen viele Bürger, die durch den geplanten Flugbetrieb in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt werden“, heißt es darin. Dabei gehe es nicht nur um Lärmbelästigung, sondern auch um die Gefahren, die durch Motorflugzeuge entstehen könnten. „Höchst unerfreulich“ sei es, schreiben die fünf Anwohner, wenn wenige, die Motorflug betreiben wollten – „darunter eventuell zwei Haßlocher Bürger“ – an den Wochenenden „über unseren Köpfen rumbrummen“. In der Umgebung – Lachen-Speyerdorf, Dannstadt-Schauernheim, Speyer – gebe es Möglichkeiten genug, diesen Sport auszuüben. Bemerkenswert sei, dass der Haßlocher Verein selbst kein Motorflugzeug besitze. Ein Zuschussantrag an Gemeinde, Kreis oder Land sei deshalb „vorprogrammiert“: „Die betroffenen Bürger können das mit ihren Steuern und Abgaben auch noch mitfinanzieren.“ Sie machen außerdem darauf aufmerksam, dass die Einflugschneise von Westen her durch Baumfällungen am Wehlachweiher 1 bereits „entsprechend präpariert“ worden sei. Verein: Unnötige Befürchtungen Peter Winklmüller, Vorsitzender des Segelflugsportvereins, bestätigt auf Anfrage der RHEINPFALZ, dass der Club im November 2014 einen erneuten Antrag bei der Gemeinde gestellt habe, den Flugbetrieb mit Motorseglern und Ultraleichtflugzeugen zu gestatten. „Viele Gerüchte“ seien im Umlauf, und vieles daran sei unwahr, sagt Winklmüller. So gehe es nicht um Motorflugzeuge, sondern um Motorsegler, die nur zum Start den Flugzeugmotor brauchen, und Ultraleichtflugzeuge, für die strenge Lärmschutzvorschriften gelten. Die Technik habe sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt: So dürften solche kleinen und leichten Flugzeuge mittlerweile das Umweltsymbol „Blauer Engel“ am Rumpf tragen. Auch würden die Haßlocher Segelflieger häufig für Fluglärm verantwortlich gemacht, der in Wahrheit aus Lachen-Speyerdorf stamme: Von dort starteten leistungsstarke Motorflugzeuge, die Fallschirmspringer in die Höhe bringen und dabei häufig Wohngebiete überfliegen würden. Der Eigenstart mit Motor sei ein wichtiger Bestandteil der Pilotenausbildung und diene der Sicherheit der Flugschüler. Für den Verein mit derzeit 60 Mitgliedern sei die Ausweitung des Flugbetriebs von großer Bedeutung, um keine Aktiven zu verlieren und für Nachwuchspiloten attraktiv zu bleiben: „Wir müssen uns auch weiterentwickeln.“ Zum Argument, unter dem Freizeitvergnügen weniger Piloten müssten viele Anwohner leiden, sagt Winklmüller: „Es gibt auch einen Minderheitenschutz.“ Die Befürchtungen der Anlieger teilt er nicht: „Wir müssen überhaupt nicht über Wohngebiete fliegen. Beim Start können die Piloten gleich in Richtung Wald abdrehen, und bei der Landung wird der Motor gedrosselt.“ Im März will der Verein alle Interessierten, vor allem die Wehlach-Bürger, zu einer Infoveranstaltung einladen, bei der das Vorhaben genau erläutert werden soll. Winklmüller: „Wir spielen mit offenen Karten.“ Sein Vorschlag: ein bis zwei Jahre Probebetrieb, um zu sehen, wie stark die Beeinträchtigung der Anlieger tatsächlich ist. Der Vorsitzende ist aber sicher, „dass sie nicht leiden müssen, weil sie vom Flugbetrieb kaum etwas mitbekommen werden“. Bei CDU und SPD habe der Club sein Vorhaben bereits vorgestellt, in nächster Zeit sollen die kleineren Fraktionen folgen. Während der Flugsaison von April bis Ende Oktober gebe es 200 bis 300 Starts, „an einem Wochenende maximal zehn“, so Winklmüller. Ein eigener Motorsegler ist angesichts der Kosten eines „Gebrauchten“ von über 30.000 Euro für ihn Zukunftsmusik. Bäume seien tatsächlich gestutzt worden, so Winklmüller, aber das sei keine vorbereitende Maßnahme für Eigenstarts gewesen, sondern diene der Flugsicherheit: Einige Bäume hätten in die Landebahn hineingeragt. Dezernent: Transparenz wichtig Der Erste Beigeordnete Tobias Meyer (CDU) bestätigt, dass der Antrag des Vereins bei der Verwaltung eingegangen sei. Grundsätzlich dürfe es keine Entscheidung über die Köpfe der Bürger in der Wehlache hinweg geben, sagte der für die Vereine zuständige Dezernent. Er begrüßte, dass der Club die Anlieger über seine Pläne informieren wolle und parallel mit den Fraktionen spreche: Damit werde „Transparenz geschaffen“. Meyer, der erst seit 1. Februar im Amt ist, bat um Verständnis, dass er sich über Entwicklungen vor seiner Amtszeit nicht äußern könne. Bürgermeister: Noch völlig offen Auch Bürgermeister Lothar Lorch (CDU) findet es gut, dass der Verein auf die Anwohner zugehen und öffentlich informieren will. Deren Reaktionen könnten „Gradmesser“ für die politische Entscheidung über das Vorhaben sein. Auch müsse abgewartet werden, wie sich die Fraktionen positionieren. Er selbst sieht die Angelegenheit „noch völlig offen“. Klar sei, dass eine Zustimmung der Gemeinde als Eigentümerin des Geländes zwingend erforderlich sei. LBM: Einzelfall wird geprüft Für die luftfahrtrechtliche Genehmigung ist die Fachgruppe Luftverkehr des Landesbetriebs Mobilität (LBM) zuständig, die ihren Sitz am Flughafen Hahn hat. Auf RHEINPFALZ-Anfrage teilte die LBM-Pressestelle mit, dass ein Antrag des Vereins auf „Erweiterung der Betriebsgenehmigung gemäß Paragraph 6 Luftverkehrsgesetz“ auf die Zulassung von Motorseglern und Ultraleichtflugzeugen noch nicht vorliege. Deshalb sei bisher kein Genehmigungsverfahren eingeleitet worden. Sobald ein Antrag gestellt sei, werde im Rahmen dieses Verfahrens unter anderem die Gemeinde Haßloch beteiligt und um eine Stellungnahme gebeten. Der Ausgang eines solchen Verfahrens, so der LBM weiter, sei „immer einzelfallabhängig“, und jeder Antrag auf Erweiterung einer Betriebsgenehmigung eines Flugplatzes müsse individuell betrachtet und geprüft werden. Eine wichtige Voraussetzung für die Zulassung eines Segelfluggeländes für Motorsegler und Ultraleichtflugzeuge sei beispielsweise eine ausreichende Hindernisfreiheit. Auch werde geprüft, ob einer Zulassung des Flugbetriebs mit Motorseglern und Ultraleichtflugzeugen öffentlich-rechtliche Belange – zum Beispiel naturschutzrechtliche Aspekte oder Lärmschutzgründe – entgegenstehen könnten.

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