Neustadt Schemata aufbrechen als Teil des Prozesses

Neustadt. „Total kaputt in Hollywood“ hat die Neustadter Künstlerin Mary Dee ihre Ausstellung genannt, die morgen Abend in der Schaufenstergalerie des Kunstvereins im Klemmhof eröffnet wird. Zu sehen sind knapp 30 Bilder und Fotografien, die allesamt in den vergangenen beiden Jahren entstanden sind und die zeigen, dass sich – wieder einmal – viel getan hat im Wirken der Künstlerin.

Stilistisch ist sie sich treu geblieben, Frauen, Autos, eine gewisse Erotik finden sich immer noch bei ihr, doch abstrakter ist sie geworden. Das hänge damit zusammen, dass sie die Fotografie als weitere Ausdrucksform entdeckt, das fotorealistische Moment bei der Malerei mithin an Bedeutung verloren habe, erklärt sie. „Schemata aufzubrechen ist für mich Teil des kreativen Prozesses.“ Inhaltlich spiele der Alltag in irgendeiner Form immer eine Rolle – seien es ein Ausstellungsbesuch in der Schirn-Galerie beim Foto „Antworten im Gegenbild“ oder die Spiegelungen in der Sonnenbrille eines Bekannten am Strand auf Ibiza, aus denen zwei runde Ölbilder entstanden sind. Inspirationen für die Bilder holt sich Dee auch bei ihren Performances in ihrem Atelier oder eben auch aus Zufällen: So zum Beispiel bei den Installationen mit Teilen von Schaufensterpuppen, die rein zufällig bei ihr gelandet sind. Der Sohn hatte bei einer Ladenauflösung freundlich gefragt, ob die Puppen noch gebraucht werden, er kenne da jemanden … Und in der Tat, Hände, Arme, Beine, Torsi wurden seitdem in allerlei Kontext fotografiert. Beispielsweise die Hand, die hilfesuchend aus der Briefkastenklappe lugt. Und der Briefkasten steht – was Wunde – ganz in der Nähe, in der Schütt. Zufall sei auch die Wahl des Ausstellungstitels gewesen, verrät Dee: „Total kaputt in Hollywood“ sei ihr eingefallen, als die Nachricht vom Tode Robin Williams und seinen Depressionen durch die Medien gegangen seien. Doch auch die schönen Dinge des Lebens finden Eingang ins Werk Dees, sei es die Erotik, die beispielsweise in „The Favorite Gun“ oder im „Liebespaar“ eine entscheidende Rolle spielt, sei es die pure Lebenslust, die in der „Night Clubbing“-Serie unübersehbar ist. „Manche Bilder sind provokant, aber genau das sollen sie sein“, sagt Dee dazu. Es sei eben ihr Ding, das Weltgeschehen wahrzunehmen und mit Persönlichem zu verknüpfen; Kunst sei eine emotionale Sache. In jedem Fall lohnt es sich, genauer hinzusehen, denn fast immer sind Details versteckt, die nicht zuletzt für viel Humor sprechen, zum Beispiel wenn sich die „Venus“ vor dem Fukushima-Ballett mit Münzen im Schoß und Geldscheinen in der Hand auf der US-Flagge räkelt, während im Hintergrund schwarze Chimären vor einem explodierenden Atomkraftwerk tanzen. Man sollte sich also die Zeit nehmen, zwischen den Zeilen zu lesen wie in einem guten Buch. „Total kaputt in Hollywood“ ist übrigens sozusagen der erste Teil von zweien: Ab 5. Dezember zeigt Mary Dee am gleichen Ort „Talking with Tigers & Bye-Bye Bourgeoisie“, dann stehen Videokunst, Performance und Installationen im Mittelpunkt. „Alles auf einmal wäre zu viel gewesen“, meint Dee. Stimmt: Auch die Reduktion auf Malerei und Fotografie lohnt durchaus den Besuch.

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