Neustadt Premiere mit Zugkraft

Neustadt-Mussbach. Viel Musik fürs Geld gab es am Samstag beim ersten richtigen Pop-Konzert in der Geschichte des Mußbacher Herrenhofs. Die Band „Acoustic Rock Night“ spielte, einschließlich zweier Pausen, nahezu vier Stunden bis kurz vor Mitternacht im ausverkauften Festsaal des Herrenhofs.

„Acoustic Rock Night“ ist eine Coverband, aber eine eher ungewöhnliche, was ihre musikalischen Maßstäbe betrifft. Das fängt schon mit ihrer Größe an, 13 Bandmitglieder, die eine Menge Möglichkeiten, unplugged zu spielen, abdecken. Darunter ist sogar eine kleine, klassisch ausgebildete Streichergruppe mit zwei Cellos, gespielt von Manuel Löw aus Stuttgart und der Italienerin Valeria Lo Giudice aus Ludwigshafen, sowie der Geigerin Eva-Maria Merkel. Drei sehr unterschiedliche Sänger ermöglichen ebenfalls ein großes Klangspektrum, dazu kommt als vierte „Stimme“ die Saxophonistin Angela Fabienne Weiss aus Stuttgart, die auch gut mit der Querflöte und der Klarinette umzugehen versteht. Mit den drei ersten Titeln stellten sich die Sänger vor. „People help the People“ von „Birdy“ war ein Fall für die blondmähnige Rebekka Schell und ihre sehr jung wirkende, helle und leicht angerauhte Stimme, mit der sie später auch noch eine wunderbar unbekümmerte und sehr authentische Version von „Je veux“ von Zaz hinlegte, einschließlich dem Spiel auf der Kazoo und den typischen Tanzschritten, oder noch später mehrere Songs von Alanis Morissette, etwa „Hand in my pocket“. In bestem Pfälzisch („Verschteht Ehr misch?“) behauptete sie, sie könne wesentlich besser Englisch und sogar Französisch als Hochdeutsch. Was das singen betrifft, hat sie das bewiesen. Die dunkelhaarige Jessica Simon, in Böhl-Iggelheim aufgewachsen, kontrastierte dazu mit einer dunkleren, sehr „souligen“ Stimme – und der Fähigkeit, Töne ohne Atemnot ewig auszuhalten. Kein Wunder, sie ist professionell ausgebildete Sängerin und Musikerin. Sie stellte sich mit Alicia Keys′ „If I ain′t got you“ vor. Songs etwa von Sade und Beyoncé Knowles gehörten später zu ihrem Programm. Daniel Würfel aus Edenkoben schließlich, ebenfalls Berufsmusiker und Lehrer für Gesang und Gitarre an Uwe Mundschaus Musikhof Mußbach/Maikammer, stellte sich mit dem Pop-Klassiker „Piano man“ von Billy Joel vor, begleitet von Jochen Götzmann am Piano. Er deckt mit seiner sehr wandlungsfähigen Stimme die größte Bandbreite an Stilrichtungen ab, neben Swing-Klassikern wie „Mr. Bojangles“ – in der Robbie-Williams-Version – sang er „Dead or alive“ von Bon Jovi, R&B von Bruno Mars und „Cello“ von Udo Lindenberg, mit Manuel Löw an eben diesem, in einer sehr ansprechenden Version, auch wenn Udo Lindenbergs „Nicht-Gesangsstil“ nicht nachgeahmt werden kann. Passend zum jeweiligen Stil wechselte Würfel auch die Outfits – vom Anzug mit Krawatte bis zu T-Shirt und Sonnenbrille. Sades „Smooth Operator“ als vierter Titel war nicht nur wieder ein Fall für Jessica Simons Soulstimme, sondern auch eine Ausgangsbasis für Soli von Angela Fabienne Weiss am Saxofon, Stefan Stroh am Bass, Holger Schell an der Gitarre, Fabian Thomas am Schlagzeug und Jens Kremer von der Percussion-Fraktion. „Acoustic Rock Nights“ haben sich vor allem spezialisiert auf melodiöse Pop-Klassiker, alte und neuere, deren „Klassiker“-Potential bereits deutlich erkennbar ist. Alles wird unplugged gespielt, ohne irgendwelche technischen Mätzchen oder ablenkende Bühnen-Ereignisse. Sie können sich’s leisten, sind sie doch alle Musiker mit professioneller Ausbildung, ob sie die Musik zum Beruf gemacht haben oder nicht. Und sie singen und spielen mit Herzblut, nehmen diese Musik musikalisch ebenso ernst wie andere ein Stück von Haydn oder Mozart. Das Konzert war ein erstes Experiment, auch der Popmusik Zugang zum Herrenhof zu verschaffen, und es wurde zu einem Erfolg. „Wir wollten gezielt die Gruppe der Jüngeren ansprechen, die nicht unbedingt zu unseren Kammermusik-Veranstaltungen kommt“, meinte Gustav Adolf Bähr, der Vorsitzende des Fördervereins. Und Veranstalter Uwe Mundschau zeigte sich mit der Publikumsresonanz hoch zufrieden: „Es wird sicher nicht bei dem einen Konzert bleiben. Wir könnten uns zwei im Jahr vorstellen, jeweils mit Musikern und Gruppen, die ähnlich hohen Ansprüchen genügen.“

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