Haßloch Ortskern aufwerten – aber wie?

Viel Platz für Autos, aber wenig Aufenthaltsqualiltät: der Haßlocher Rathausplatz.
Viel Platz für Autos, aber wenig Aufenthaltsqualiltät: der Haßlocher Rathausplatz.

Vor der Wahl: Einig sind sich Haßlochs Kommunalpolitiker wohl im einem Punkt: Das Ortszentrum soll aufgewertet werden. Wie das angepackt werden soll, wird unterschiedlich beurteilt. Wir haben die sieben Gruppierungen, die bei der Gemeinderatswahl antreten, gebeten, Stellung zu nehmen: Wie kann die Ortsentwicklung gefördert und ein attraktives Zentrum geschaffen werden?

Gut 25 Jahre ist es her, dass der Haßlocher Ortskern letztmals umgestaltet wurde. Der Rathausplatz bekam damals ein neues Gesicht. Eine fast autofreie Fläche hatte dem Architekten Ende der 1990er-Jahre vorgeschwebt. Aber nach Protesten der Geschäftswelt musste er von Entwurf zu Entwurf mehr Parkplätze einplanen. Heute bietet der Platz 43 Stellplätze für Autos, aber nur eine begrenzte Aufenthaltsqualität. Bereits 2019 wurde eine Umgestaltung des Platzes angestoßen, 2020 wurden bei einer Bürgerwerkstatt Ideen diskutiert, aber umgesetzt wurden nur einige flankierende Maßnahmen. Eine versuchsweise Sperrung eines Teils des Rathausplatzes 2021 stieß nicht überall auf Zustimmung. Viele Fragen sind noch offen, unter anderem: Wie sollen die Verkehrsströme gelenkt werden? Soll die Einbahnstraße in der Langgasse gedreht werden? Bekommt das Feuerwehrhaus einen neuen Standort? Wie kann das gastronomische Angebot vergrößert, wie der Ortskern grüner werden? Im Grunde geht es um die Frage, ob und wie alle Anforderungen unter einen Hut zu bekommen sind. Welche Ideen haben die Haßlocher Fraktionen?

CDU: Jahn- und Rathausplatz stärker verbinden

Mit der Neubebauung der südlichen Seite des Jahnplatzes wurde ein erster positiver Entwicklungsschritt gemacht. Mit einem Einkaufsmarkt, einem Fachmarkt und dem Seniorenzentrum ist ein zweites kleines Ortszentrum in Ergänzung zum Bereich Rathausplatz/Langgasse entstanden. Wir setzen uns dafür ein, diese beide Bereiche zukünftig stärker miteinander zu verbinden und neue Möglichkeiten für den Einzelhandel und barrierefreies Wohnen im Ortszentrum zu schaffen. Vorstellbar wäre eine Fortsetzung der Bebauung auf der westlichen Seite des Jahnplatzes in Verlängerung der bestehenden Gebäude mit einer Bäckerei und Wohnungen. Hierdurch könnte die Lücke zwischen Jahnplatz und Rathausplatz geschlossen werden. Langfristig können wir uns auch eine entsprechende Lösung auf der östlichen Seite des Jahnplatzes vorstellen. Voraussetzung wäre hier die Verlegung des Feuerwehrhauses an einen geeigneten neuen Standort, an dem für die Feuerwehr die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, die sie gemessen an neuen Aufgaben im Rahmen des Katastrophenschutzes am heutigen Standort nicht in ausreichendem Maße mehr hat. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung und Belebung des Rathausplatzes und der Langgasse. Für die Erreichbarkeit des Ärztehauses ist es wichtig, eine angemessene Anzahl von Parkplätzen zur Verfügung zu stellen. Wir setzen uns für eine attraktive Neugestaltung des Rathausplatzes ein, um so die Voraussetzung für die Ansiedlung von attraktivem Einzelhandel aus dem Nicht-Lebensmittel-Sektor und der Gastronomie zu schaffen.

FWG: Frequenzbringer und große Bäume

Der Ortskern sollte als Gesamtkonzept gesehen und nicht nur auf den Rathausplatz beschränkt werden. Zum Ortskern gehören auch die umliegenden Straßen und Plätze, wie Langgasse, Schillerstraße, Teile der Kirchgasse, sowie der Jahnplatz. Hierfür muss ein Gesamtkonzept erstellt werden, das alle Faktoren (zum Beispiel Busverkehr, Parken beim Ärztehaus, Aufenthaltsmöglichkeiten, Bewirtungen, Anwohner, Gewerbetreibende) beachtet. Ein Faktor in diesem Konzept wird die Ansiedelung von Frequenzbringern sein. Auch stehen wir der stundenweisen Sperrung des Rathausplatzes zur Nutzung für die Gastronomie und weiteren Freizeitgestaltungsmöglichkeiten offen gegenüber.

Ein essenzieller Punkt wird die Begrünung des Ortskerns sein, damit verbunden die Verschattung beziehungsweise Entsiegelung und Temperatursenkung im Sommer. Konkret denken wir an die Pflanzung großer Bäume, um einen schnellen Effekt zu erreichen. Kleine Grüninseln helfen leider nur bedingt weiter. Alternativ können wir uns die Installation einer Höhen-PV-Anlage beispielsweise über dem Rathausplatz vorstellen, um eine Verschattung und damit eine Temperatursenkung kombiniert mit einer Stromerzeugung zu erreichen.

SPD: Innen- vor Außenentwicklung

Haßloch ist ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort mit guter Infrastruktur. Ein starkes Einwohnerwachstum ist insbesondere bei Senioren und jungen Familien gegeben. Wir sprechen uns für die Stärkung des Prinzips „Innen- vor Außenentwicklung“ aus, für eine intensive Förderung und Betreuung im Generationenwechsel des Immobilienbestandes „Jung kauft Alt“, für die Schaffung und Förderung alternativer Wohnformen (Mehrgenerationenhäuser, Tinyhäuser), für die Erhöhung des Angebotes barrierefreier beziehungsweise –armer Wohnungen sowie für die Stabilisierung und Erweiterung des Angebots preisgünstiger Wohnungen. Aufgrund des erfreulichen Einwohnerwachstums durch junge Familien halten wir die Errichtung einer dritten Grundschule, den weiteren Ausbau der kommunalen Kitas sowie die Förderung der Jugendarbeit durch einen Jugendbeauftragten für unabdingbar. Die Attraktivierung des Ortskerns erreichen wir, unter Beteiligung der Bürger, durch die Umgestaltung des Rathausplatzes in Form klimaangepasster Begrünung, Schaffung von weiteren Sitz- und Verweilmöglichkeiten unter Einbeziehung von gastronomisch attraktiven Angeboten, die Reduzierung von Parkmöglichkeiten, ohne dabei die Notwendigkeit von Parkplätzen von Besuchern des Ärztehauses aus dem Auge zu verlieren, sowie die Ausschöpfung aller kommunalen Möglichkeiten, um eine Attraktivierung des Einzelhandels im Bereich des Ortskernes herbeizuführen. Wir möchten den Ortskern als Begegnungsstätte für die Bürger gestalten, dabei soll die Möglichkeit von Patenschaften für die Grünflächen gegeben sein.

Die Grünen: Langgasse temporär Fußgängerzone

Durch weniger Autoverkehr im Zentrum erhöht sich die Aufenthaltsqualität. Wir setzen uns schon seit längerem für eine Umgestaltung des Rathausplatzes als Treffpunkt für Menschen statt für parkende Autos ein, mit Begrünung und attraktivem und sicherem Spielbereich und weiterer Außengastronomie. Die Langgasse könnte temporär (zum Beispiel an Wochenenden) Fußgängerzone sein. Seitens der Gemeinde sollte aktiv nach Arbeitsplätzen schaffendem Gewerbe gesucht werden. Die Verwaltung kann auch bei der Anwerbung von Arbeitskräften unterstützen und für die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet sorgen.

AfD: Rathausplatz vom Autoverkehr befreien

Die große Frage stellt sich für den Rathausplatz. Nur eine ganzheitliche Lösung ist sinnvoll. Das heißt: Wenn ich den Ortsmittelpunkt und Haßloch allgemein attraktiver gestalten will, muss ich den Rathausplatz vom Autoverkehr befreien. Parkmöglichkeiten bestehen auf dem Jahnplatz, bei der Sparkasse und auch auf dem Pfalzplatz. Das Zentrum müsste begrünt, und Aufenthaltsmöglichkeiten müssten geschaffen werden. Es muss offensiv für eine attraktive Gastronomie und Einzelhandelsgeschäfte geworben werden. Die Gemeindebücherei sollte nach einer Veränderung des Dorfmittelpunkts an einer anderen Stelle angesiedelt werden. Es sollte auch der Versuch mit einer zeitlich limitierten Fußgängerzone gestartet werden. Hier könnte man zum Beispiel an einem einkaufsstarken Wochentag oder samstags Teile der Langgasse zu einer Fußgängerzone umwidmen. Um kurzfristig den Markt zu beleben, sollte an jedem Samstag ein Rahmenprogramm und ein Ausschank angeboten werden.

FDP: Autos nicht vollständig verdrängen

Wir müssen den Ortskern umgestalten und attraktiveren, dies funktioniert allerdings nicht mit planwirtschaftlichen Methoden. Eine der wichtigsten Bedingungen für die Unternehmen und Ärzte ist die Erreichbarkeit. Eine vollständige Verdrängung des Individualverkehrs wird dem Ziel eines funktionierenden Ortszentrums eher entgegenwirken. Es muss ein ausreichendes, zeitlich begrenztes Parkplatzangebot gewährleistet werden. Auch neue Mobilitätskonzepte wie Mobility-on-Demand können zur Erreichbarkeit des Zentrums beitragen. Wichtig ist uns, dass die ansässigen Betriebe und Anwohner aktiv in den Entscheidungsprozess eingebunden werden. Als Bindeglied zwischen Verwaltung und Unternehmen muss es eine aktive Wirtschaftsförderung geben.

HLL: Ortsentwicklung muss nachhaltig sein

Ortsentwicklung bedeutet nicht mehr zwangsläufiges Wachstum als Allheilmittel. Sie muss nachhaltig sein. Das heißt, die Bedürfnisse der aktuellen Generation zu erfüllen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen. Das umfasst die Schaffung einer ausgewogenen Umwelt, Wirtschaft und sozialen Struktur, die langfristig lebenswert ist. Dazu gehören effiziente Nutzung von Ressourcen, Förderung von sozialer Gerechtigkeit, Umweltschutz und wirtschaftliche Stabilität. Dazu gehört, dass ein Ort die eigene Leistungsfähigkeit realistisch einschätzt, bei der Ausweisung von Neubau- und Gewerbegebieten, Wasser- und Energieversorgung, Kita-Plätzen und Ärzteversorgung, kurzum: Ohne nachhaltige Infrastruktur kein Wachstum! Der Rathausplatz kann auch ohne große Baumaßnahmen, die Millionen verschlingen, attraktiver gestaltet werden. Man kann die Aufenthaltsqualität durch kleine Details verbessern. Sitzgelegenheiten, Begrünung, Beschattung, Kühlung und Trinkwasser. Wenn man den Autoverkehr zeitweise sperrt, erleichtert man die Begegnung im Zentrum.

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