Neustadt Längs statt quer

91-73797873.jpg

NEUSTADT. Die Pfälzer Helden kennen sie alle, sie lieben sie und sie spielen sie: Kerstin Bachtler, das waschechte Pfälzer Mädel, und Bodo Redner, der gebürtige Niederrheiner, der den pfälzischen Mundart nie lernen wird, aber mit Bachtler die regionalen Heroen authentisch, mit viel Witz und Charme auf der Bühne präsentiert. Die beiden sorgten am Mittwoch in der vollbesetzten Neustadter Stadtbücherei für viel Gelächter und wurden mit lang anhaltendem Applaus belohnt.

Los geht es an diesem Abend mit dem Sturm der Ein-Mann-Bauern-Horde Bodo Redner, der anno 1525 mit Speer in der Hand die Burg Leiningen zu erobern versucht, die Kerstin Bachtler als Gräfin von Neuleiningen mit ihre Schlagfertigkeit, aber auch ihrem bedachten Zureden erfolgreich verteidigt. Die geplante Revolte des „gemeinen Mannes“ läuft also ins Leere, doch es stehen ja noch mehr Helden in der Pfalz bereit. Der Weg führt direkt in Richtung Speyer, genau in das legendäre Tabakdorf Harthausen, wo „de tubak“ echtes Gold darstellt, das der Pfarrer Muth mit Argusaugen bewacht. Denn der Tabak-Anbau ist steuerfrei. Das erklärt die Dibbelschisserei des Pfarrers, der mit aller Macht versucht, jener Landleute habhaft zu werden, die da Krautköpfe in den Tabakfeldern verstecken, um den Kirchenzehnt zu hinterziehen. Auch Neustadter Ereignisse dürfen bei der Revue der Pfälzer Helden nicht fehlen. Johann Philipp Abresch etwa, der nach einer langen Diskussion im Wirtshaus auf den letzten Drücker seiner Ehefrau Anna Maria von dem geplanten Marsch auf das Hambacher Schloss berichtet und sie mit einem besonderen Anliegen konfrontiert: „Wenn ich da vorneweg marschiere, dann brauche ich auch eine Fahne. Eine, wo drauf steht ,Deutschlands Wiedergeburt’.“ Als seine Gattin ihm den Stoff in den Farben Schwarz, Rot, Gold am nächsten Morgen in die Hand drückt, strahlt er wie ein Kleinkind ... bis er merkt, dass die drei Farben längs untereinander statt in der klassischen Form einer Trikolore genäht sind. Dennoch trägt er die Freiheitsfahne an jenem Tag im Jahr 1832 in dieser Form auf das Schloss, und dabei ist es bis heute geblieben. So wird also auch die Deutschland-Fahne zur einer pfälzischen Angelegenheit. Schon in dem Buch „111 Gründe, die Pfalz zu lieben“, das Kerstin Bachtler zusammen mit ihrem Kollegen Heinz Moosmann vom Südwestrundfunk geschrieben hat, ging es unter anderem um Heldinnen und Helden, die die Pfalz hervorgebracht hat. Einige dieser Persönlichkeiten haben sich Bachtler und Redner nun in ihrem abendfüllenden Bühnenprogramm vorgenommen und in einer Revue verpackt, lustig, heiter, aber auch mal ernst und beängstigend. Darunter sind auch die Brüder Anton und Franz Ullrich aus Maikammer, die das aufklappbare Metermaß erfunden haben, und der typische Weihnachtsmann, in dessen Rolle Redner, den aus Landau stammenden und in die USA ausgewanderten Zeichner Thomas Nast in Erinnerung ruft, auf den diese Gestalt letztlich zurückgeht. Den beiden Akteure, die eine in klassischer Pfälzer Mundart, der andere in einem leicht verständlichen, aber keinesfalls übertriebenem Hochdeutsch, gelang es tatsächlich, mit ihrer vollbepackten Kleiderkiste, in der auch frisch gebrannte Mandeln aus Freinsheim, aus Pälzer Grumbeere gezauberte Chips und selbstverständlich der trockene Spätburgunder nicht fehlen durften, die oft in Vergessenheit geratenen Pfälzer Helden in Erinnerung zu rufen. Sie entfachten damit sogar echte Begeisterung beim Publikum, das deutlich Lust auf mehr hatte. Ebenso wie Bachtler und Redner mit ihrer quirligen Show bewiesen die Zuschauer damit zugleich, welch ein lustiges, geselliges Völkchen die Pfälzer sind.

x