Neustadt Jetzt hat auch der Wolf einen Manager

Ein ehrfurchtgebietendes Prachtexemplar des Meisters Isegrim begrüßt die Besucher im Haus der Nachhaltigkeit, dessen aktuelle Au
Ein ehrfurchtgebietendes Prachtexemplar des Meisters Isegrim begrüßt die Besucher im Haus der Nachhaltigkeit, dessen aktuelle Ausstellung »Die Rückkehr der Wölfe« dokumentiert.

Rheinland-Pfalz ist Wolfserwartungsland. Ein Wolfsmanagementplan sowie ein in Trippstadt zusammenlaufendes Monitoring sollen für eine Zukunft des Heimkehrers sorgen. Bis zum 6. November ist im Haus der Nachhaltigkeit (HdN) in Johanniskreuz die Ausstellung „Die Rückkehr der Wölfe“ zu sehen.

Noch ist er gar nicht da. Lediglich die Vorhut hat im Westerwald und im äußersten Südwesten des Pfälzerwalds schon mal vorbeigeschaut. Der eine wurde bekanntlich erschossen, der andere nie wirklich gesehen. Seine DNA, zurückgelassen an einer von ihm gerissenen Beute, hat ihn als Wolf ausgewiesen. Die Genanalyse des 2012 im Westerwald erlegten Tiers zeigt: Es stammte aus einer italienischen Linie und ist gegen alle aufgestellten Thesen offensichtlich quer durch Mitteleuropa gewandert, hat sich seinen Weg durch intensiv genutzte Landschaft, durch Flüsse und über Autobahnen gesucht. Dabei dachte man bislang ja immer, der Wolf brauche die Wildnis. Braucht er aber offenbar nicht. Er braucht auch kein aktives Wiederansiedeln. Er macht sich auf den Weg und kommt. Noch erscheint er, ohne wirklich da zu sein, als böse Märchen- und Mythenfigur. Erscheint geheimnisvoll, wird verteufelt, gefürchtet, abgelehnt. Aufklärung ist daher wohl dringend geboten. „Wer sind wir, dass wir dem Wolf die Rückkehr verwehren wollen?“ Die Frage stellt Simone Nickel, Försterin am Haus der Nachhaltigkeit, in den Raum. Der Mensch habe nach wolfslosen Generationen den Umgang mit dem Raubtier verlernt. Dem Fremden gegenüber herrsche nun Angst und Skepsis. Deshalb sei „Öffentlichkeitsarbeit ohne Beschönigung notwendig, um eine breite Akzeptanz bei den Menschen zu erreichen“. Die laufende Ausstellung im HdN gilt der Aufklärung. „Der Wolf wäre eine Bereicherung für unsere Wälder. Dass sich zeitnah eine große Anzahl an Wölfen im Pfälzerwald ansiedelt, halte ich allerdings eher für unwahrscheinlich“, meint Christopher Skala, stellvertretender Leiter des Forstamts Kaiserslautern. Jagdlich gesehen könne der Wolf eine Ergänzung sein, der bei der Regulierung der Wildbestände und damit auch bei der Vermeidung von Verbiss an den jungen Bäumchen durch Rehe mithelfen. „Genau wie der Luchs gehört der Wolf zu uns. Wir müssen lernen zu tolerieren, dass es ihn wieder gibt“, verdeutlicht der Ortsbürgermeister von Frankenstein, Eckhard Vogel (FWG). Zwar liegt seine Gemeinde mitten im Pfälzerwald und wird vielleicht irgendwann im „Wolfsland“ liegen, aber trotzdem ist Vogel überzeugt: „Ein Nebeneinander hat früher funktioniert, das wird es nach einem Lernprozess auch heute wieder tun.“ Als passionierter Waidmann begrüßt Vogel die Ankunft des Raubtiers sogar: „Wir Jäger können das Artengefüge nicht annähernd so gut aufrechterhalten, wie es Wolf und Luchs tun.“ Selbst als Tierhalter sieht er dem Wolf nicht allzu sorgenvoll entgegen. Die Diemersteiner Ziegen sind mit einem Elektrozaun eingefriedet und werden heute schon von Eseln „bewacht“. „Gut ist, dass man beim Wolfsmanagement versucht, die betroffenen Tierhalter einzubinden, vor allem unsere Schafs- und Ziegenhalter“, spricht Dieter Feldner von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz an, dass diese aus verständlichen Gründen den Wolf erst einmal nicht mit offenen Armen empfangen. „Wir wollen die aktuellen und potenziell möglichen Probleme ansprechen und minimieren“, so Feldner. Das Raubtier unterscheidet nicht zwischen Wild- und Nutztier, sondern jagt naturgemäß die einfachste Nahrung. Das sind überwiegend junge, alte oder schwache Wildtiere, aber auch problemlos zu erbeutende Schafe. Feldner sieht den Wolf als Bereicherung des Naturraums. In einer dicht besiedelten Kulturlandschaft sei dies schwierig, aber mit der passenden „Betreuungsstruktur“ durchaus machbar. Genau darauf zielt der Wolfsmanagementplan ab, den das Land mit Nutztierhaltern, Jägern und Naturschützern abgestimmt hat. So ist geregelt, dass etwa die Haltung von Herdenhunden oder der Bau von Zäunen gefördert werden können. Auch werden gerissene Nutztiere vom Land erstattet. Der Plan sieht zudem ein „landesweites demografisches Großkarnivoren-Monitoring“ vor, für das die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt zuständig ist. Info —Im Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz läuft bis 6. November die Ausstellung „Die Rückkehr der Wölfe“. Die vom Hunsrückmuseum in Simmern ausgearbeitete Schau liefert grundlegende Informationen zum Wolf und dessen Geschichte. −Mit dem Exponat eines lebensgroßen Wolfes des zoologischen Forschungsmuseums A. König aus Bonn ist es möglich, aus nächster Nähe einen Blick auf das Raubtier zu werfen. Die Ausstellung ist täglich außer samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. −Am 22. Oktober findet zwischen 14 und 16 Uhr eine Infoveranstaltung zum aktuellen Stand der Luchsauswilderung statt. −Am 20./21. Oktober steht die Rückkehr der Luchse und Wölfe bei den Wasgauer Gesprächen am Biosphärenhaus in Fischbach bei Dahn im Vordergrund. Anmeldung im Internet unter www.biosphaerenhaus.de/veranstaltungen.

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