Neustadt „In Iggelbach war’s toll“

Die in Steine der Stiftskirche eingravierten Symbole faszinieren den rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz. Als Gast der Sommerredaktion sitzt er mit dem Rücken zum Marktplatz (wegen des Schattens) und sinniert vor allem über die in Stein gemeißelte Brezel. Kein Wunder, schließlich stammt Lewentz aus einer Bäckerei. Der SPD-Politiker ist regelmäßig in der Pfalz unterwegs, als Innenminister kennt er ohnehin viele der Kommunen im Land. Gestern war bei seiner vielköpfigen Behörde Betriebsausflug angesagt, Ziel die Landesgartenschau in Landau. Ideale Gelegenheit für einen Abstecher in die Nachbarstadt. Neustadt kennt er gut, seit Freitagabend gilt das aber auch für Iggelbach. Der Sportverein hatte 50-Jähriges gefeiert, der Minister war dabei für die Ehrungen zuständig. „Das war toll dort, ein Termin, bei dem man zu keiner Zeit gedacht hat, einen netten Abend zuhause zu verpassen.“ In Iggelbach werde die Dorfgemeinschaft noch gelebt. Kein Besuch in Neustadt ohne die Frage nach dem Lieblingswein: „Grau- und Weißburgunder“, sagt Lewentz sofort. Er trinkt gern Wein, ist aber kein Kenner. Denn in seiner Heimat, dem Mittelrheintal bei Kamp-Bornhofen, hatte die Reblaus vor langer Zeit den Reben den Garaus gemacht. „Danach stellten die Menschen auf Obstanbau um, was aber später nicht mehr rentabel war.“ Zumindest führte es dazu, dass Lewentz als kleiner Junge nicht herbsten, sondern Kirschen pflücken ging – auch das ist in Steillagen nicht unbedingt ein Vergnügen. Apropos Vergnügen: Hat er die per Gericht aufgehobene Fusion der Verbandsgemeinden Edenkoben und Maikammer zwischenzeitlich gut verkraftet? Er bedauere die Entscheidung nach wie vor, meint der Minister. Er sei überzeugt, dass die Fusion richtig gewesen sei. Die jetzt angestrebten Kooperationen seien zwar gut, aber nicht gleichwertig. Was ihn freut: „Dass wir nach elf Monaten intensiver Vorbereitung der Fusion nun eine Stimmung haben, in der wir miteinander reden können.“ Ein Miteinander, um den erarbeiteten Mehrwert nicht wieder aufzugeben. Bei den Kosten der Rückabwicklung werde sich das Land an seine Zusagen halten. Womit der Übergang zu den Finanzen geschafft wäre – zumal gerade Oberbürgermeister Hans Georg Löffler einen Tisch weiter über die finanzielle Situation der Kommunen spricht. Das Land hat aus Lewentz’ Sicht alles getan, um deren Lage zu verbessern – auch wenn beispielsweise Neustadt in Sachen Kosten Kindertagesstättenausbau klagt. Wichtig sei, dass der Bund nun mehr für die Kommunen tun wolle. Auch vom zweiten Schritt der Gebietsreform erhofft er sich finanzielle Entlastung – bekanntlich wollen SPD, Grüne und CDU nun gemeinsam daran arbeiten, und das trotz der nahen Landtagswahl. Alle hätten gemerkt, dass enormer Druck im Kessel sei, so Lewentz. Enormer Druck auch wegen der zusätzlichen Kosten durch die Flüchtlinge? Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern hat Lewentz gerade eine neue Prognose für deren Anzahl in diesem Jahr erhalten: 450.000. „Hut ab vor dem, was Gesellschaft und Kommunen da leisten.“ Er berichtet begeistert von der Verbandsgemeinde Kirn-Land: Diese bietet Städten wie Mainz an, einen Teil deren Flüchtlingskontingents zu übernehmen – um ihrem demografisches Problem, sprich immer weniger Einwohner, entgegenzuwirken. Doch der 52-Jährige ist ja nicht nur Innenminister, sondern auch Vorsitzender der Landes-SPD. Natürlich hat er verfolgt, wen die Genossen im Wahlkreis Neustadt als Direktkandidatin für die Landtagswahl nominiert haben: Giorgina Kazungu-Haß kenne er schon lange, sie sei eine starke Frau. „Das kann spannend werden, wie an vielen anderen Orten auch“, kommentiert Lewentz, dass sie gegen einen ebenfalls starken CDU-Bewerber antritt. Im März 2016 wird gewählt, noch genug Zeit also, jetzt Ferien zu machen. „Der Urlaub im August ist nicht gestrichen“, erzählt der Minister, ohnehin ein Familienmensch, fügt aber augenzwinkernd hinzu: „Wir wollen renovieren, wenn etwas wäre, bin ich also greifbar...“ Am Ende hat er sich fast ein bisschen festgeplaudert. Aber eben nur fast. Es geht zurück nach Landau. Die Straßenmeisterei wartet – am Ende des Betriebsausflugs wird dort gegrillt. In einer Woche ist Lewentz aber schon wieder da – bei seiner Sommertour „Städtebau“. (ahb)

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