Neustadt Hassloch: Blindgänger im Boden

Auf einer der beiden Verdachtsflächen wurde der Boden abgetragen. Der Sportplatz der Schillerschule bleibt gesperrt, bis die Son
Auf einer der beiden Verdachtsflächen wurde der Boden abgetragen. Der Sportplatz der Schillerschule bleibt gesperrt, bis die Sondierungsarbeiten abgeschlossen sein werden.

Am 17. November 1943 ereignete sich der schwerste Luftangriff auf Haßloch im Zweiten Weltkrieg, dem 29 Menschen zum Opfer fielen. Fast 75 Jahre später könnten im Bereich des Pfalzplatzes Blindgänger jenes Bombardements im Boden ruhen – allerdings nicht dort, wo derzeit die Kita gebaut wird. Zwei Verdachtsflächen werden jetzt untersucht.

Die Gemeindeverwaltung hat die Uxo Pro Consult GmbH (Berlin) damit beauftragt, eine 3700 Quadratmeter große Fläche im Bereich des Pfalzplatzes auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg zu untersuchen. Dabei kann es sich um Fliegerbomben, aber auch um Handgranaten oder Munition handeln. Hintergrund der Erkundung ist der bereits begonnene Bau des Provisoriums einer Kindertagesstätte südlich vom Pfalzplatz, die Anfang 2019 bezugsfertig sein soll. Nach Angaben der Verwaltung dient eine solche Maßnahme der Vorsorge und ist üblich, wenn Kenntnisse über Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs vorliegen. Zwei „Verdachtsflächen“ im Bereich des Pfalzplatzes sind von den Experten gefunden worden, auf denen Blindgänger vermutet werden. Die Gemeinde betont aber, dass das Baufeld des künftigen Kindergartens nicht dazu zählt.

Experten haben historische Luftbilder ausgewertet

Die Uxo Pro Consult GmbH ist darauf spezialisiert, anhand von Luftbildauswertungen Verdachtspunkte für eine Kampfmittelbelastung zu benennen. Nach eigenen Angaben arbeitet das Unternehmen mit den britischen Nationalarchiven in Edinburgh (National Collection of Aerial Photography) zusammen und hat so direkten Zugriff auf militärische Aufklärungsunterlagen und Luftbildaufnahmen der Royal Air Force aus dem Zweiten Weltkrieg. Ebenso können dank des Kontakts zur National Archives and Records Administration in Washington gezielte Anfragen an US-Militärarchive gestellt werden. Im Fall des Pfalzplatzes hat das Unternehmen Archiv- und Datenbankrecherchen betrieben und mehrere Luftbildaufnahmen gefunden, die das Erkundungsgebiet sowie die unmittelbare Umgebung abdecken. Darüber hinaus wurden mehrere Quellen bemüht, um weitere Informationen zu möglichen Luftangriffen im Projektgebiet zu erhalten. Auf Anfrage erläuterte der Pressesprecher der Verwaltung, Marcel Roßmann, dass Uxo Pro Consult sechs historische Luftbilder zur Verfügung gestanden hätten: drei von 1944 (April, August, Oktober), zwei von 1945 (August) und eines von April 1953. Das Gutachten bestätige, dass im Bereich des Pfalzplatzes Kampfmittel im Boden liegen. Nach Ansicht der Luftbild-Experten handle es sich um Blindgänger, die von der Bombardierung Haßlochs am 17. November 1943 stammen (siehe „Zur Sache“). Da die Luftbildauswertung den Verdacht der Kontamination des Erkundungsgebiets mit Kampfmitteln bestätige, empfehle das Unternehmen eine Kampfmittelsondierung durch eine Fachfirma. Konkret gehe es um zwei Verdachtspunkte: einer auf dem Baustellengrundstück, aber außerhalb des Baufelds des Kindergartens, ein weiterer am Übergang zum Sportplatz der Schillerschule. Für eine Kampfmittelsondierung würden derzeit die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Das betroffene Gebiet wurde nach Angaben der Verwaltung in den Jahren nach dem Krieg aufgefüllt, um den feuchten Wiesenboden trocken zu legen. Diese Auffüllung müsse abgeräumt werden, damit eine verlässliche Kampfmittelsondierung stattfinden kann. Die Gemeinde habe eine Firma damit beauftragt, auf etwa 100 Quadratmetern den Boden auf eine Tiefe von etwa 50 Zentimetern abzutragen. Danach könne die Sondierung durch eine Fachfirma stattfinden. Der genaue Zeitpunkt stehe noch nicht fest, weil das von den Kapazitäten der Firma abhänge.

Bauarbeiten für Kita laufen ohne Behinderungen weiter

Für das Abtragen des Bodens ist der Sportplatz der Schillerschule derzeit komplett gesperrt und soll bis zur abgeschlossenen Sondierung auch gesperrt bleiben. Die Sperrung erfolgte laut Verwaltung in Absprache mit der Schulleitung. Der vorläufige Wegfall des Sportplatzes stelle für die Schule aber kein Problem dar, da durch den Beginn der kalten Jahreszeit momentan ohnehin kein Sportunterricht mehr auf dem Platz stattfinde, so Schulleiterin Gila Serr. Die Bauarbeiten für das Kita-Provisorium können laut Verwaltung ohne Behinderungen weitergehen, da einer der Verdachtspunkte zwar auf dem Grundstück, aber außerhalb des Baufelds liege. „Eine Gefahr besteht nicht. Es handelt sich um Verdachtspunkte, an denen ein Blindgänger liegen könnte“, erklärt Bürgermeister Lothar Lorch (CDU). Ob sich der Verdacht bestätigt, werde die Kampfmittelsondierung zeigen. Sollte sich herausstellen, dass sich Blindgänger im Boden befinden, sollen mit dem Kampfmittelräumdienst alle weiteren Schritte abgestimmt werden.

Luftbildauswertung in heutiger Umweltsituation mit Verdachtsfläche (schraffiert) und Bomben- sowie vermuteten Blindgängereinschl
Luftbildauswertung in heutiger Umweltsituation mit Verdachtsfläche (schraffiert) und Bomben- sowie vermuteten Blindgängereinschlägen.
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