Neustadt Gevatter Tod und die Löcher in der Unterhose

Sieger der Poetry-Slam-Premiere wurde Markus Becherer aus Kaiserslautern.
Sieger der Poetry-Slam-Premiere wurde Markus Becherer aus Kaiserslautern.

«Elmstein-Iggelbach.»Zur Schlussverbeugung vor begeisterten Zuhörern packten sich die gefeierten Gladiatoren versöhnlich bei der Hand. Die Schlacht der sieben wortgewaltigen Bühnendichter war geschlagen. Der erste Iggelbacher Poetry-Slam im Dorfgemeinschaftshaus wurde knapp, nur durch ein paar Applaudierende entschieden: Markus Becherer gewann den Poesiewettstreit mit seiner „hochdramatischen“ Rundfunk-Konferenzschaltung aus dem Vereinsheim des Fußballclubs SV Waldbimmelbach.

Poetry-Slam ist Literatur als Sport, heißt es. Ein Poesie-Wettstreit auf der Bühne. Mal spannend, lustig, kitschig, ernst, besinnlich, jedenfalls immer unterhaltsam in sämtlichen literarischen Formen. Per Beifall, den Moderator Rolf Thun mit den Zuhörern zuvor „übte“, wurde in Iggelbach der Sieger gekürt. Lokalmatador Leon Perreth (20), der selbst als Slamer Erfolge feiert, hat mit dem Iggelbacher Poetry-Slam jetzt einen bemerkenswerten Akzent in der Kulturlandschaft des Walddorfs gesetzt. Die Veranstaltung war ausverkauft. „Kompliment für Leon, wie toll alles abgelaufen ist“, lobten Teilnehmer wie Publikum. Perreth, der selbst nicht am Wettbewerb teilnahm, war begeistert: „Toll, wie die Leute den Slam angenommen haben“, war er mit der Premiere zufrieden. „Natürlich freut man sich über diese Anerkennung. Aber es geht eigentlich nicht um einen Sieg. Den hätte heute jeder verdient gehabt“, meinte der Gewinner und promovierte Chemiker Markus Becherer aus Kaiserslautern, der schon zweimal Landesmeister war. Wichtig sei der Abend insgesamt, wie die Stimmung sei. „Es war ein schöner Abend“, gab Becherer das Lob an die knapp 150 Zuhörer zurück. Über 300 Slams hat der Hobby-Poet durchgestanden und weiß neben Amüsantem auch Nachdenkliches als Gevatter Tod zu berichten, wie in seiner Zugabe „ich bin der Sensenmann, den keiner bremsen kann“. Sein Lauterer Kollege Phriedrich Chiller, gemeinsam mit Becherer im vergangenen Jahr als Poetry-Slam-Team im Finale der deutschen Meisterschaften in Hannover, bezog sein Publikum lautstark in seine Lebensmittelkritik „mit und ohne“ mit ein, war aber in der Vorrunde gegen unerbittliche Damenkonkurrenz ausgeschieden. „Ich bin angenehmen überrascht von der Veranstaltung, vor allem wegen des ungewöhnlich hohen Altersdurchschnitts der Zuhörer“, sagte der demnächst in Brüssel auftretende Bühnenpoet. In der Vorrunde attackierte Sylvie le Bonheur bei einem nachempfundenen Telefonat mit ihrer besorgten Mutter vor ihrer Abreise nach Iggelbach die Lachmuskeln. Die mütterliche Sorge „das ist noch nicht mal das Schlimmste, noch schlimmer wäre wenn ...“ steigerte sich gar bis zu den Löchern in ihrer Unterhose. Einen psychisch belasteten Lebensrückblick offenbarte die vielfache Mannheimer Buchautorin dann im Finale . Auf Platz drei geklatscht wurde Edith Brünnle, mehrfache Preisträgerin beim Mundartwettstreit „Dannstadter Höhe“. Auf pfälzisch rappte sie durch die Vorweihnachtszeit und outete sich als Maimarkt-Fan: „so en Maimarktrausch kriegscht a net hie mit Kokain und Extasy.“ Der Mannheimer Andreas Nowak alias „Andivalent“ kenterte beim Publikum mit der Luxus-Jacht von Milliardär Roman Abramowitsch, „dem bootigsten aller Boote“ in der Vorrunde ebenso wie die junge Hannah Heidrich aus Landau. „NichtGanzDichter“, der anonym bleiben will und im wahren Leben Mathematiker ist, präsentierte eine schmissige Hip-Hop-Persiflage zum Schachspiel. Als „ überwältigende und kulturelle Bereicherung für den Ort“ wertete das Elmsteiner Gemeinderatsmitglied Stefan Lendle (SPD) den Poetry-Slam. „Der Dichterwettstreit hat mir super gefallen, vor allem die Vielfalt der Vorträge“, war die Iggelbacherin Britta Ruf von der Veranstaltung begeistert. Jens Freibert aus Lambrecht plädierte für eine Wiederholung: „Ein gelungener Abend, der viel Spaß bereitet hat.“

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