Neustadt Exquisite Hörerlebnisse

Festliche Barockmusik in der Stiftskirche mit dem renommierten Trompeter Rupprecht Drees (rechts).
Festliche Barockmusik in der Stiftskirche mit dem renommierten Trompeter Rupprecht Drees (rechts).

«Neustadt.» Als repräsentativ für Kaiser und Könige gilt der Klang der Trompete. Am Montagabend sorgte der international renommierte Barocktrompeter Rupprecht Drees, begleitet von den „Kurfürstlichen Barocksolisten“, zum Auftakt des „Weinfestivals“ für festlichen Glanz in der Stiftskirche.

Moment mal: Zunächst schmunzeln die Klassikfreunde über die aus neun Musikern bestehende Besetzung, die sich zwar „Kurfürstliche Barocksolisten“ nennt, in Wahrheit jedoch fast ausnahmslos aus Mitgliedern des in Neustadt seit vielen Jahren bestens eingeführten „Ensemble 1800“ besteht. Wir begrüßen also die Freunde und langjährigen Musizierpartner von Fritz Burkhardt, zu dem sich in den letzten Jahren verstärkt Bezirkskantor Simon Reichert hinzugesellt hat. Allen gemeinsam ist das Streben nach möglichst authentischen, der historisch informierten Aufführungspraxis verpflichteten Klangbildern. Zunächst empfiehlt sich Reichert mit einer stürmischen Toccata des Barockkomponisten Georg Muffat einmal mehr als traumwandlerisch sicher auftrumpfender Orgelvirtuose. Er wird auch im weiteren Verlauf mit seinem feinen Gespür für die vielfältigen Klangmöglichkeiten der nach historischen Vorbildern erbauten Edskes-Orgel mit Werken von Henry Purcell, Heinrich Ignaz Franz Biber, Antonio Vivaldi und Georg Philipp Telemann, allesamt um 1700 an europäischen Höfen wirkende Komponisten, wichtige Impulse setzen. Bereits beim Marktkonzert am Samstag begeisterte Rupprecht Drees begleitet von Reichert die Klassikfreunde mit einem Soloprogramm. Diesmal galt es, den Klang der Barocktrompete in den Streichersound um Konzertmeister Martin Jopp einzubinden, was vorzüglich gelang und exquisite Hörerlebnisse ermöglichte. Erst einmal staunen wir über das Instrument selbst: Es ist deutlich länger als die moderne Trompete, verfügt über keine Ventile und entnimmt ihren Tonvorrat hauptsächlich der Naturtonreihe. Wie virtuos man auf so einem schlichten Instrument spielen kann, demonstriert Drees mit einer kristallklaren Wiedergabe der Sonate Nr. 1 D-Dur von Purcell. Der berühmteste englische Komponist des 17. Jahrhunderts hat mit seinem kleinen Solokonzert eine Steilvorlage für ambitionierte Virtuosen geschaffen. So ein Stück dergestalt sauber zu spielen, schafft ein moderner Interpret nur mit Hilfe einer kleinen Mogelei: Die kleinen Intonationslöcher am unteren Bügel des Horns fallen nur in der ersten Reihe sitzenden Hörern auf. Aber das spielt kaum eine Rolle, wenn es darum geht, sich entspannt zurückzulehnen, um mit geschlossenen Augen in die harmonischen Welten einer über 300 Jahre zurückliegenden Klangkultur zu versinken. „Armonico tributo“ heißt ein berühmter Sonatenzyklus, mit dem Georg Muffat seinerzeit in genialer Weise die Synthese zwischen den Nationalstilen gelingt. Spannend, was das ausnahmslos auf historischen Instrumenten und Nachbauten spielende Solistenensemble klanglich zu bieten hat, wenn italienische Sanglichkeit, französische Suitentechnik und deutsche Kontrapunktik wunderbar miteinander verschmelzen und die Streicher geradezu meditative, von weitem Atem getragene Klangflächen zaubern. Das ist weit entfernt von der zuweilen gar zu glatt gebügelten Virtuosität, mit dem die „Weinfestival“-Ouvertüre bisher aufwartete. Ein unbekanntes Gesicht im Ensemble ist Christine Rox. Im Falle der Muffat-Sonata tauscht sie ihre Geige gegen die Bratsche aus und teilt sich mit Esther Labusch das Pult. Auch in der Sonata IV aus dem Zyklus „Sonatae tam aris quam aulis servientes“ von Heinrich Ignaz Franz Biber steuern die beiden Frauen nebst Matthias Scholz an der Violone und der Neustadterin Christine Wiegräbe am Cello angenehm warme Klangfarben bei. Sie bauen ein sicheres Fundament für die beiden kongenialen „Solisten“ Martin Jopp und Rupprecht Drees. Wer kennt und liebt sie nicht, die „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi? Natürlich ist es passend zum Anlass das mit „Herbst“ überschriebene 3. Violinkonzert aus dem Zyklus. Wieder bewundern wir den von oberflächlichem Virtuosengehabe weit entfernten Sound der Streicher um Jopp, der mit seinen kleinen Verzierungs-Improvisationen seine Mitstreiter ein ums andere Mal sichtlich amüsiert. Das darf auch mal etwas kratziger klingen, zum Beispiel wenn er in beeindruckender tonmalerischer Weise das vor den Jägern fliehende Wild imitiert. Klanglicher Höhepunkt des Abends aber ist die Entdeckung der Langsamkeit im Adagio. Hier liefern die mit Orgel verstärkte Basso-Continuo-Gruppe und der vierstimmige Streichersatz den gedämpften Klangteppich für Jopps seelenvolles Spiel. Es ist eine wundervolle musikalische Schlummerszene, die die „Kurfürstlichen Barocksolisten“ da zeichnen. Georg Phillip Telemann zählte zu den innovativsten Musikern seiner Zeit, wie unter anderem die „Kurfürstlichen Barocksolisten“ mit Rupprecht Drees in der Suite in D für Trompete, Streicher und Basso Continuo eindrucksvoll beweisen. Und was wäre ein Barockkonzert ohne Johann Sebastian Bach? Als Dankeschön an das Publikum servieren die Musiker den Eingangssatz aus der Kantate 148 „Bringet dem Herrn Ehre seines Namens“.

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