Neustadt Einer, der an der Seitenlinie laut ist ...

NIEDERKIRCHEN. Goran Barisic (50) bezeichnet sich selbst als Fanatiker. Wer den Trainer des Frauen-Fußball-Zweitligisten kennt, weiß dass der Kroate, der aus Banja Luka (Bosnien-Herzegowina) stammt, nicht einfach still von der Seitenlinie aus das Spiel seines Teams verfolgen kann. Bereits seit November 2012 trainiert Barisic den 1. FFC Niederkirchen. Erstmals betreut er ein Frauenteam. In der Saison 2012/2013 hat er den FFC vor dem Abstieg bewahrt. Derzeit nimmt die Elf Platz neun nach drei Siegen, zwei Unentschieden und sechs Niederlagen ein.

Herr Barisic, in den bisherigen elf Partien haben Niederkirchener Spielerinnen schon 15 Gelbe Karten erhalten. Wie kommt’s?

Die entstanden wegen Meckereien. In dieser Saison sind wir schon sehr oft - mindestens in vier Spielen extrem - von Schiedsrichtern benachteiligt worden. Ich selbst bin gegen Bayern München vom Platz gestellt worden und musste 450 Euro Strafe zahlen. Ich bin ein Fanatiker. Und wenn ich sehe, dass Unrecht passiert, kann ich nicht ruhig da stehen und cool sein.

Wirkt sich Ihre Unruhe an der Seitenlinie vielleicht negativ auf die Mädels auf dem Platz aus?

Wenn Tuchel (Trainer des Bundesligisten Mainz) oder Klopp (Trainer des Erstligisten Dortmund) an der Seitenlinie toben, heißt es, sie leben Fußball. Wenn ich mich der Seitenlinie nähere, kommen 15-jährige Schiris und belehren mich. Es gab aber schon die eine oder andere Situation, in der die Mannschaft meinte, wir sollten vielleicht ein bissel ruhiger sein. Es gab auch Spiele, in denen ich extrem ruhig war. Da sagten die Spielerinnen danach zu mir, ,Trainer, wir brauchen Deine Anweisungen von außen’.

Was könnten Sie als Trainer in Bezug auf die Schiedsrichterleistungen tun?

Was mich an den meisten Schiris stört: In der Halbzeit oder nach dem Spiel mit ihnen über das Spiel zu reden, wollen die meisten nicht. Die wollen sich absolut nicht austauschen.

Wahrscheinlich tauschen sich die Unparteiischen aber untereinander aus, oder?

Ich kann mir schon vorstellen, dass die das machen. Da ich an der Seitenlinie laut bin, glaube ich schon, dass der eine oder andere ein Auge auf mich hat.

Aber die Trainer werden sich doch bestimmt auch untereinander über andere Teams und Schiedsrichter informieren, oder?

Es gibt Trainer, mit denen man sich gut versteht. Spiele gegen Saarbrücken zum Beispiel sind immer hitzig. Aber wenn die 90 Minuten vorbei sind, trinken Winnie Klein und ich was zusammen. Auch der Trainer von Crailsheim ist ein angenehmer Partner. Die Trainerin vom VfL Bochum hat mich öfter mal angerufen. Bochum steht als Tabellenvierter gut da. Offensichtlich waren meine Informationen nicht verkehrt gewesen.

In der Auswärtstabelle der 2. Liga nimmt der FFC mit nur drei Punkten den vorletzten Platz ein. Hat Niederkirchen eine Auswärtsschwäche?

Man muss einfach sehen, auf welchen Plätzen wir schon gespielt haben: Wir waren in Köln, in Sand, beim VfL Bochum, in Crailsheim. Das sind alles Spitzenmannschaften, die oben stehen. In Sand haben wir kaum eine Chance gehabt. In Köln haben wir ein gutes Spiel gezeigt, auch wenn man beim 0:3 denkt, wir hätten keine Chancen gehabt. In Bochum haben wir erst in der letzten Minute das entscheidende Tor gekriegt. In Crailsheim waren wir 75 Minuten die bessere Mannschaft. Silvana Arcangioli hat einmal freistehend den Pfosten, einmal die Torhüterin getroffen. Versagt haben wir auswärts nur einmal: beim 0:5 in Weinberg. Und da haben wir unter besonderen Voraussetzungen gespielt: Unsere Romina Konrad hatte vorher einen Autounfall gehabt. Und wir wussten nicht, wie es um sie steht. Aber wir können nicht in dieser Liga überleben, ohne auswärts zu punkten.

Wie viele Punkte braucht der FFC voraussichtlich, um auch in der kommenden Saison zweitklassig zu bleiben?

Wir brauchen noch 15 Punkte, dann sind wir sicher. Bis zum Tabellensechsten Crailsheim sind es nur sechs Punkte. Aber die da vorne interessieren mich nicht. Ich muss nur schauen, dass die drei Mannschaften hinter uns auch hinter uns bleiben.

Stichwort kommende Saison: Bleiben Sie dem FFC als Trainer erhalten?

Wir treffen uns beim FFC zu einem Gespräch. Ich fühle mich sehr wohl in Niederkirchen.

Haben Sie spezielle Wünsche für den FFC Niederkirchen?

Ich wünsche mir, dass wir mehr, auch von der Gemeinde, unterstützt werden. Wir brauchen in Niederkirchen noch einen Platz, möglichst einen Kunstrasen. Mittwochs um 19 Uhr stehen wir mit drei Mannschaften auf einem Platz - das kann nicht sein.

Und was wünschen Sie sich speziell für Ihr Team?

Ich sage den Mädels immer, kicken können wir. Aber wir müssen aggressiver werden. Wir müssen den Gegner so bearbeiten, dass er keine Lust mehr hat. Und so weit sind wir noch nicht.

Der Frauen-Fußball gefällt Ihnen also noch immer, oder?

Ich habe viele Freunde, die durch mich zum Frauen-Fußball kommen. Die sind begeistert, und die kommen auch aus dem Raum Mannheim zum Spiel. Die staunen, wenn es schöne Übersteiger oder Dribblings gibt.

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