Neustadt Ein wichtiger Ort

„Mein Vater sagt immer: Bring mir Kartoffeln aus der Pfalz mit.“ Ob Julia Klöckner diesen Job auch gestern Abend erledigt hat? Den ganzen Tag verbringt sie in der Region, bei der CDU-Landtagsfraktion und ihren Mitarbeitern ist Betriebsausflug angesagt. Während das Gros der Truppe den Speyerer Dom besucht – fachkundig geführt vom ehemaligen Staatsminister Georg Gölter –, schaut die „Chefin“ in der Sommerredaktion vorbei. Auch wenn ihr Urlaub noch bevorsteht – die CDU-Landesvorsitzende und Vorsitzende der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag wirkt entspannt. Das mag auch ein klein wenig daran liegen, dass Neustadt für sie fast ein Heimspiel ist. Beim Meininger-Verlag hat sie ihre Redakteursausbildung absolviert und dort danach für zwei Zeitschriften verantwortlich gezeichnet. Vor allem aber wurde sie in Neustadt 1995 zur Deutschen Weinkönigin gekrönt – ein Erlebnis, das sie ebenso wenig vergessen wird wie den folgenden Winzerfestumzug. „Dieser Platz ist wichtig“, sagt die 41-Jährige und lässt den Blick über den Marktplatz streifen und vielleicht auch kurz nach innen, in die Vergangenheit. Kommunalpolitik sei die Königsdisziplin, kommt sie wieder zurück ins politische Tagesgeschäft. „Ursache und Wirkung sind da unmittelbar verortbar.“ Als Kreistagsmitglied in ihrem Heimatkreis Bad Kreuznach weiß Klöckner, wovon sie spricht. „Wir hatten dort in der letzten Legislaturperiode eine Jamaika-Koalition ...“, sagt sie mit Blick auf die künftigen Bündnispartner im Neustadter Stadtrat, was sie von Mainz aus „ein wenig“ verfolgt. Die CDU-Frau ist sich sicher: „Eine neue Option kann durchaus von altem Denken befreien.“ Indes müsse sich das auch bewähren können, was eben Zeit brauche. Grün an sich steht die Landes-CDU also nicht ablehnend gegenüber, trotz der rot-grünen Landesregierung? Viele Anträge, die Rot-Grün im Landtag einbringe, würden von der CDU durch weitere wichtige Punkte ergänzt und dann gemeinsam von allen verabschiedet, so Klöckner. Umgekehrt sei das aber sehr selten der Fall, obwohl die Intelligenz doch gleichermaßen bei allen verteilt sein dürfte ... Was sie derzeit aber noch viel mehr bewegt als die Landespolitik sind die antisemitischen Ausfälle in Deutschland angesichts der israelischen Offensive im Gaza-Streifen. Bei einer Demonstration am Donnerstag in Mainz sei vieles nicht mehr durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt gewesen, erschreckende Äußerungen erreichten sie zudem zuhauf auf ihrer Facebook-Seite. Losgelöst von der politischen Lage im Nahen Osten sei die Empörung in Deutschland über antisemitische Hetze „zu gering“. So etwas dürfe es im Interesse der Bundesrepublik einfach nicht mehr geben. Nächste Woche startet Julia Klöckner ihre Sommertour. 2014 steht sie unter dem Motto Bildung. Mitarbeiten wird sie in verschiedenen Betrieben und Einrichtungen: in einer Bäckerei, um sich über die Situation der Auszubildenden zu informieren, in einer Kindertagesstätte, einem Integrationsbetrieb und in einer Stadtbücherei. Hautnahes Erleben sei angesagt. Von Neustadt aus geht es aber erst einmal zurück nach Speyer. Der „Gemüsegarten“ Vorderpfalz will noch besichtigt werden, abends dann ist eine Grillparty beim Fraktionskollegen Johannes Zehfuss in Böhl-Iggelheim angesetzt, von Beruf Landwirt. Wer jetzt aber denkt, die CDU zieht es immer in die Pfalz, wenn sie mal frei hat – weit gefehlt. Der Regionalproporz wird gewahrt. Und ehrlich gesagt, haben Westerwald, Eifel, Hunsrück oder Rheinhessen ja auch ihre Reize. (ahb)

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