Neustadt Bejubelter Einzug ins Finale

Fähnchen schwenkend und mit Anfeuerungsrufen haben Fangruppen aus allen deutschen Weinbaugebieten am Samstag im Saalbau beim Vorentscheid zur Wahl der 66. Deutschen Weinkönigin ihre Favoritinnen unterstützt. Zu jenen sechs Kandidatinnen, die am Ende für ihren Einzug ins Finale am kommenden Freitag bejubelt werden konnten, zählt (wie bereits in der RHEINPFALZ am SONNTAG gemeldet) die Pfälzer Weinkönigin Janina Huhn aus Bad Dürkheim. RHEINPFALZ-Redakteur Peter Spengler hat ihren Auftritt mitverfolgt.

„… aus der Pfalz …“ Der Name geht im Jubelsturm der Dürkheimer Fans unter, derweil sich Janina Huhns Körper in einem tiefen, unhörbaren Stoßseufzer buchstäblich zum Spannungsbogen streckt. Nach mehr als vier Stunden fachlicher und (nur teilweise) unterhaltsamer Prüfungen harren alle 13 Kandidatinnen auf der Bühne Hand in Hand des Urteils der Jury. Sechs kommen weiter – und erst das fünfte Kuvert, das Geschäftsführerin Monika Reule vom Deutschen Wein-Institut (DWI) öffnet, birgt den Namen der Mitfavoritin aus der Pfalz. „Es war doch ein langes Warten zum Schluss, das war schon aufregend“, gesteht die Lokalmatadorin später, dass es ihr nicht anders als den rund hundert Pfälzern im Saal ergangen ist: Vor allem den zwei Dritteln vom Fanclub „JA-nina!“ mit Janinas engstem Umfeld war doch schon leicht der Nervenkitzel ins Genick gekrochen. Nur Janinas Freund Gabriel Huber ist cool geblieben, wie er sagt. Wieso? „Ein souveränes Heimspiel …“ Alle 70 Juroren haben ihre sechs Kreuze gemacht, eine Zählkommission ausgezählt. Nur sie kennt die Punktzahlen. Reule hat auch vor der Verkündung dramaturgisch geschickt die sechs Umschläge mit den Namen durchgemischt. Doch dass Janina dabei sein muss, war selbst den auswärtigen Lagern unter den knapp 900 Menschen im Saal schon nach einer halben Stunde klar. Da hatte sie gerade den ersten Alleinauftritt des Abends absolviert. Das Los von Amtsinhaberin Nadine Poss schickt die Pfalz-Weinkönigin bei allen Runden als Erste ins Rennen. In der Fachbefragung konfrontieren vier Juroren die Kandidatinnen mit je einer Frage zu Weinherstellung und -vermarktung, dazu mit einer Verbraucherfrage und einer in Englisch. Bei jeweils 45 Sekunden Zeitlimit erläutert Janina, warum die Materialfrage beim Flaschenverschluss allenfalls Philosophie, aber kein Geschmackskriterium ist, erklärt auf die Sekunde genau den Begriff Schönung, und legt noch Spontanität an den Tag. Die wichtigsten Zielgruppen für Wein in Deutschland? „Zunächst mal alle Deutschen, denke ich…“ Die Englischfrage, was sie dem Ausland zu dessen Fehlglaube sagt, deutsche Weine seien überwiegend lieblich, schließt sie nach flüssigem Plädoyer für die trockenen Weine mit dem Hinweis, dass freilich auch unsere süßen super sind – perfekt. Janina spricht ohne Scheu und ohne Stocken, akzentfrei, unverkrampft und ungekünstelt. „Fachlich tipptopp“ ist sie allemal, wie ihr der Kellermeister Gabriel Huber später attestiert. Nach anderthalb Stunden eröffnet Janina den „Spieleabend“. Jetzt geht’s in Interviews auch um Ausstrahlung. Zuvor ist ein zweiminütiges Filmporträt von ihr gelaufen. Unter anderem zeigt es die Querflötistin mit der Stadtkapelle auf der Ungsteiner Römerkelter, die Geschichtsstudentin mit Bachelor am Schreibtisch und die Winzerpraktikantin mit Jan Eymael im Wingert. Jetzt kann sie ihren Charme spielen lassen. Was denn passiere, wenn sie sich arg freue?, spielt Moderator Holger Wienpahl auf eine Eigenart der gerne Fröhlichen an: „Dann quietsch’ ich!“ Das Tatar vom gebeizten Rotlachs mit leichtem Dill-Aroma und Salatbouquet, das Sterneköchin Eva Eppard zur Aufgabe serviert, hätte sie wohl zum Quietschen gebracht – aber sie soll nur einen passenden Wein aus einem Nichtpfälzer Anbaugebiet dazu aussuchen. Sie entscheidet sich für einen Badenwein, weil der im Alkoholgehalt etwas höher liege, was gut zu eher fettem Fisch passe. Den Hinweis der Köchin, dass Rotlachs weniger Fett hat als herkömmlicher, kontert Janina vor dem Griff zum Weißburgunder schlagfertig: „Dann vertraue ich darauf, dass die badischen Winzer ihr Handwerk können“ – Szenenapplaus. Später glänzt Janina unter anderem noch mit dem deutschen Wein-Atlas, als sie nach 30 Sekunden elf von 13 Symbolfotos dem zugehörigen Anbaugebiet richtig zugeordnet hat – nur Aurelia aus Baden ist fehlerfrei schneller. Doch man merkt auch, dass nach der Fachprüfung alle entspannter geworden sind. Die meisten zeigen jetzt, dass auch andere Weingegenden hübsche Töchter haben. Es geht schon auf acht zu, als sich alle für die Entscheidung auf der Bühne aufreihen. Letzte Gelegenheit für die johlenden Fanlager, sämtliche Register an Tröten und Pfeifen, Rasseln und Ratschen zu ziehen – höllenlärmende Betzestimmung im Saalbau, allen voran die Dürkheimer „Kurve“ mit JA-nina-Fahnen und einem Banner der Deidesheimer Kerweburschen gibt Gas. Erst recht, als um 20.13 Uhr endlich klar ist: Janina ist im Finale! Und das wird auf dem Wurstmarkt bis früh um vier gefeiert.

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