Neustadt Auf die „Traumtrennung“ folgt der Alptraum

Nach 25 Jahren Ehe ist der Gatte aus Haßloch mit seiner neuen Partnerin zu Jahresbeginn nach Speyer gezogen. Am 17. Februar hat die verlassene Ehefrau dort ihre Nebenbuhlerin erstochen. Seit gestern steht die 53-Jährige in Frankenthal vor Gericht.

Für die Kriminalpolizei war es ein relativ leichter Fall. Sie konnte schon am Tag nach der Tat die mutmaßliche Verantwortliche verhaften. Die Spuren passten, die 53-Jährige zeigte sich sofort geständig. Die Aufgabe für die Juristen am Landgericht Frankenthal scheint jetzt schwieriger: Wie ist die Frau angemessen zu bestrafen? Schon die Entscheidung, ihr Totschlag und nicht etwa Mord zur Last zu legen, hätte anders ausfallen können, deutete Staatsanwalt Martin Baum an. Mit Fasnachtsperücke, falscher Brille, unter Nennung eines falschen Namens und mit einem Messer in der Jackentasche hatte die Frau bei ihrer Rivalin Einlass begehrt. Elf Stiche setzte sie offenbar nach einem Handgemenge, bei dem sie selbst verletzt wurde. Sie zog ihrem Opfer die Hose herunter, damit es wie ein Sexualdelikt aussah, öffnete Schubladen, um Raubspuren zu legen. Dennoch: Wohlüberlegt soll das alles nicht gewesen sein. „Ich bin gar nicht der Mensch für so etwas“, sagte die Frau gestern vor Gericht. „Es tut mir unendlich leid.“ Seit 1988 ist sie mir ihrem Mann verheiratet, vier Kinder hat das Paar. Als der 50-Jährige ihr kurz vor Silvester 2013 eröffnet habe, mit seiner neuen Partnerin aus dem Sauerland in Speyer zusammenzuziehen, sei sie „in ein tiefes Loch gefallen“. Sie habe ein Ehrenamt im Verein beendet, sei nicht mehr unter die Leute gegangen, habe abgenommen, kaum noch geschlafen. Sie habe in der Hoffnung gelebt, dass ihr Ehemann, ihre große Liebe, zu ihr zurückkomme. Befeuert worden sei dies aus dessen Besuchen. In Speyer habe sie die Rivalin fragen wollen, was sie tun könne. Die habe aber nur gelacht und gesagt, es sei nichts mehr zu ändern, so anfangs die Aussage der Beschuldigten bei der Polizei. Vor Gericht sagte die Haßlocherin zu ihrer Person aus, jedoch nicht zur Tat. Sie schilderte ihre Kindheit unter einem herrschsüchtigen Vater. Später habe sie ohne große persönliche Ansprüche für ihre eigene Familie gelebt. Ihrem Gatten habe sie „grenzenlos vertraut“. Nicht das Geringste will sie davon geahnt haben, dass dieser elf Jahre ein Verhältnis hatte, häufig für drei bis sieben Tage zu seiner Freundin fuhr. Sie habe gedacht, er besuche seine Motorradfreunde. Der Mann sagte gestern trotz anfänglicher Weigerung aus: „Ich mache das nur für meine Kinder, es ist mir egal, was für ein Strafmaß herauskommt, es bringt mir meine Liebe nicht zurück.“ Die Angeklagte sei eine „absolut gute Mutter“ gewesen“. Sie habe ihre Wünsche hintangestellt. Ihr Vater sei ein „Tyrann“ gewesen. Als er dann auszog, habe er an eine „Traumtrennung“ geglaubt: „Sie hat mir geholfen, die Sachen ins Auto zu laden.“ Der Bruder des 50-jährigen Opfers, dessen Familie als Nebenklägerin auftritt, beschrieb seine Schwester als fürsorgliche Frau, die glücklich gewesen sei, sich in Speyer ein neues Leben aufbauen zu können. Aus der Familie der Angeklagten sagte der Freund der ältesten Tochter aus. Er habe die Ehe als seltsam empfunden: „Er war nie da, hat sich nicht um die Kinder gekümmert.“ Die Kinder machten vom Recht auf Zeugnisverweigerung Gebrauch. Sie waren aber im Gerichtssaal und spielten am Tattag Rollen: Eine Tochter etwa war von der Mutter zum Handballtraining gebracht worden, bevor diese nach Speyer fuhr. Als sie abgeholt wurde, klaffte im Gesicht der Mutter eine Wunde. Weiterverhandelt wird am 12. Dezember. (pse)

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