Neustadt Arthouse: Hannas Reise

Neustadt. Die ehrgeizige BWL-Studentin Hanna gibt bei einem Bewerbungsgespräch für eine Unternehmensberatung an, dass sie ein Praktikum in einem Behindertendorf in Israel absolvieren würde. Denn soziales Engagement macht sich gut im Lebenslauf, und „behinderte Juden zählen doppelt“, wie Hanna hofft. Doch ihre Mutter, die sich bei der Aktion Friedensdienst engagiert, weigert sich, ihr eine falsche Bescheinigung auszustellen. So muss Hanna tatsächlich nach Israel fliegen. Im quirligen israelischen Alltag, ihrer chaotischen WG und im Nachtleben in Tel Aviv durchläuft die barsche Karrieristin eine éducation sentimentale, bei der sie nicht nur in der Arbeit mit Behinderten ihren Effizienzanspruch überdenkt, sondern auch angesichts der vielen deutschen Namen ihre Kaltschnäuzigkeit verliert. Auch die Begegnung mit dem attraktiven Sozialarbeiter Itay oder mit der Holocaust-Überlebenden Frau Nussbaum, die mehr über Hannas Mutter weiß als Hanna selbst, erschüttern ihr Weltbild. Und sind deutsche Frauen wegen ihres Schuldkomplexes tatsächlich leichter herumzukriegen? Anfangs klischeehaft, entwickelt sich der Film von Julia von Heinz bald in unvorhersehbare Richtungen. Ein sensibles Drama, das einen unverkrampften Umgang mit dem deutsch-israelischen Verhältnis pflegt und dabei spannende Fragen aufwirft.

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