Neustadt Aqua-Betreiber gibt auf

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Im vergangenen Jahr wurde noch der 45. Geburtstag gefeiert, jetzt steht die Kultkneipe „Aquarius“ in der Gutenbergstraße vor dem Aus. Für Pächter Diethelm Engler ist ab Mai Schluss. Der 38-Jährige hat mit Blick auf den sinkenden Umsatz eine Arbeitsstelle angenommen.

Die lange Ära das „Café Aquarius“ neigt sich dem Ende entgegen: Der jetzige Betreiber Diethelm Engler hört zum 30. April 2015 auf. Der 38-Jährige und sein Vater Dietrich Engler, der seit Mitte 2013 als Generalbevollmächtigter seines Sohnes auftritt, hegen zwar noch die Hoffnung, einen Nachfolger zu finden. Doch sollte sich diese Option zerschlagen, bleiben spätestens ab 1. Mai die Türen des „Aqua“ geschlossen. Im Februar hat das Verwaltungsgericht die von der Stadt verhängten Lärmschutzauflagen als rechtswidrig und die Forderung nach externen Sicherheitskräften als ungeeignete sowie nicht verhältnismäßige Maßnahme eingestuft (wir berichteten am 21. Februar). Vater und Sohn Engler hatten geklagt und freuen sich auch über die Entscheidung des Gerichts – an ihrem Entschluss, das „Aqua“ aufzugeben, ändert dies jedoch nichts. „Für uns kommt das zu spät“, sagt Dietrich Engler. Da der Umsatz seit Bekanntwerden der Auflagen Mitte 2014 um 30 bis 50 Prozent pro Monat zurückgegangen sei, habe sein Sohn schweren Herzens die Entscheidung getroffen, sich beruflich zu verändern. Zwar mussten die Auflagen wegen der von Engler erhobenen Einsprüche bislang noch nicht umgesetzt werden. Dennoch hätten sie zu Negativwerbung geführt, wodurch Gäste ferngeblieben seien, so Engler. Seit Mitte Dezember 2014 ist Diethelm Engler, der erfolgreich ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert hat, als Angestellter einer großen amerikanischen Getränkefirma im Außeneinsatz. Und nachdem er Ende 2011 bereits die „Brauchbar“ verkauft hatte, die er rund 15 Jahre lang betrieben hatte, will er sich nun zum 30. April ganz aus der Neustadter Gastronomieszene zurückziehen. Zwischenzeitlich hatte Engler auch noch eine mexikanische Gaststätte in der Innenstadt betrieben, die aber nicht den erhofften Erfolg brachte und floppte. Seit 2009 ist er Pächter des „Aqua“, wobei die gesamte Einrichtung sein Eigentum ist. Diese würde er gerne einem Nachfolger verkaufen: „Wir würden uns freuen, wenn das Aqua im bisherigen Stil, natürlich durchaus mit neuen Impulsen und Ideen, als Neustadter Kultlokal für junge und jung gebliebene Leute weiter existieren würde“, sagt Dietrich Engler. Natürlich ist auch er sich bewusst, dass es mit Blick auf die Diskussionen wegen Lärmbelästigungen und Verschmutzungen im Umfeld nicht einfach sein wird, einen neuen Betreiber zu finden. Wie mehrfach berichtet, hatten sich im vergangenen Jahr wiederholt Anwohner gestört gefühlt und sich beim Ordnungsamt beschwert. Darauf reagierte dieses mit besagten Auflagen. Dass es ab 2014 zu so vielen Beschwerden im Vergleich zu den vielen „Aqua-Jahren“ davor kam, führt Dietrich Engler hauptsächlich auf die veränderte Situation in den Wohnungen über der Gaststätte zurück. Und er erhebt Vorwürfe gegen den Vermieter, den Neustadter Immobilienunternehmer Winfried Müller. Dieser habe im Mai 2013 die Objekte im ersten und zweiten Obergeschoss „an fremde Privatpersonen“ verkauft und diese nicht ausreichend über die Auswirkungen des „Aqua“ informiert. Das weist Müller allerdings vehement zurück. Wie er auf Nachfrage der RHEINPFALZ erklärt, habe er den Käufern zuvor die Schlüssel zu den Wohnungen gegeben, damit diese sich am Wochenende und auch unter der Woche ein Bild von der Lautstärke machen können, die durch die Musik und die Gäste des „Aqua“ entstehe. „Ich lasse mich da nicht zum Buhmann machen“, sagt Müller. Zudem wisse jeder, der Räume über einer solchen Gaststätte kaufe, dass es zu Lärm kommen könne. Müller und der für das Ordnungsdezernat zuständige Beigeordnete Georg Krist (FWG) unterstreichen zudem, dass die große Mehrzahl der Beschwerden sich auf Verschmutzungen im Umfeld des „Aqua“ und nicht auf die Lautstärke bezogen haben. Müller ist darüber informiert, dass die Familie Engler den Zehn-Jahres-Vertrag auflösen möchte, der noch bis 31. Dezember 2019 läuft. Wie Dietrich Engler berichtet, hat er „das Nutzungsverhältnis wegen wichtiger Gründe zum 30. April 2015 beendet“. Er befürchtet aber, dass die Sache vor Gericht landen wird. Müller hat das Lokal inzwischen auf den gängigen Plattformen inseriert und wünscht sich jemanden, „der das Aqua erhalten will und das auch kann“. Krist, der als Chef des Ordnungsdezernats für die Lärmschutz- und Sicherheitsauflagen verantwortlich ist, bedauert die Entwicklung, wie er auf Nachfrage sagt. Wie berichtet, hatte er angekündigt, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eventuell Einspruch einzulegen. Allerdings neige er dazu, „die Sache jetzt nicht noch mit einem Berufungsverfahren zu belasten“.

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