Ludwigshafen Von guten und von schlechten Zeiten

Wurde als Sängerin von De Phazz bekannt: Barbara Lahr.
Wurde als Sängerin von De Phazz bekannt: Barbara Lahr.

Auf eine Reise in die Weite der amerikanischen Prärie, ins viktorianische England und ins Wiener Kabarett der 1950er-Jahre haben die Sänger und Gitarristen Barbara Lahr und Bernhard Sperrfechter das Publikum im neuen Jazz-Club Ella & Louis im Mannheimer Rosengarten mitgenommen.

Die Lieder zeugen von einer gründlichen Auseinandersetzung mit englischen und amerikanischen Schriftstellern wie Oscar Wilde, William Ernest Henley und William Blake und Musiktraditionen aus zahlreichen Ländern. Fast alle Lieder an diesem Abend hat Barbara Lahr selbst komponiert und gedichtet. Sie sang mit ihrer klaren, ausdrucksstarken und facettenreichen Stimme mit viel Dynamik und spielte dazu E-Gitarre. Sperrfechter verstärkte effektvoll Lahrs Gesang. Immer wieder überzeugten die beiden auch im Duett. Sperrfechter beherrscht virtuos die akustische Gitarre. Ab und an legte er ein fulminantes Gitarrensolo hin. Vor allem im zweiten Set ließen die beiden mit „Help“ von Johnny Cash oder „A Queen called Malingam“ von Barbara Lahr Western-Romantik vor dem inneren Auge ihrer Zuhörer entstehen. Ins Träumen geraten konnten die Zuhörer im ersten Set bei „Garden of Love“ mit Text von Oscar Wilde und „Waltzes and Tangos“. Auch Nachdenkliches gab es zu hören. „I am the captain of my soul, I am the master of my fate“, sang Lahr an diesem Abend mit Worten aus dem viktorianischen Gedicht von Henley. Lahr erzählte von guten und schlechten Zeiten. Nicht nur mit „Invictus“, zu Deutsch „Unbesiegt“, beschritten Lahr und Sperrfechter musikalisch unkonventionelle Wege und spielen gekonnt mit den Traditionen. Barbara Lahr, die in Kaiserslautern aufgewachsen ist, kam schon früh über die nach dem Zweiten Weltkrieg hier stationierten amerikanischen Soldaten mit deren Kultur in Kontakt und führte diese in ihrem Programm überzeugend weiter. Das passte thematisch gut zur liebevoll eingerichteten Jazzkneipe Ella & Louis, die Trompeter Thomas Siffling vergangene Woche im lange verwaisten Keller des Rosengartens eröffnet hat. Der Name soll natürlich an Sängerin Ella Fitzgerald und Trompeter Louis Armstrong erinnern, die wie viele andere amerikanische Stars mit ihren Auftritten die GIs im Rhein-Neckar-Raum bei Laune halten sollten. An diese Tradition will Siffling anknüpfen. Die Ami-Clubs – die meisten sind mittlerweile Geschichte – beeinflussen die deutsche Musikszene bis heute. Lahr und Sperrfechter haben diese Szene über Jahrzehnte mitgeprägt. Lahr, die mit so unterschiedlichen Projekten wie Guru Guru aufgetreten ist, Filme für Arte gemacht hat oder mit dem „No Tone Orchester“ Autoreifen schräge Töne entlockte, passt in keine Schublade und ist ein sehr vitales Stehaufmännchen mit beeindruckender Bühnenpräsenz. Ihre Originalität wurde 1989 mit dem Deutschen Rockpreis, im Jahr darauf mit dem Studiopreis des WDR belohnt. Als Frontsängerin von De Phazz ist sie seit 1997 einem breiteren Publikum bekannt. Der Hit der Gruppe, „Good Boy“, durfte natürlich nicht fehlen. Immer lockerer wurden die Ansagen im Laufe des Abends, immer stärker zeigten sich die beiden auch als überzeugende Entertainer. „Nowak“, das letzte Stück, ein Wiener Chanson aus den 1950er-Jahren, war der krönende Abschluss des Abends.

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