Ludwigshafen „Utopien sind wieder aktuell“

Am 17. und 18. Oktober veranstaltet die Ernst-Bloch-Gesellschaft im Ludwigshafener Bloch-Zentrum ihre Herbsttagung. Das Tagungsmotto nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und die Zunahme von Krieg und Gewalt in der heutigen Zeit. „Die Utopie des Friedens“ ist wieder ein Thema der Gegenwart geworden. Wir haben mit der Präsidentin der Ernst-Bloch-Gesellschaft Francesca Vidal über das Thema und die Tagung gesprochen.

Sie haben die Tagung aus Anlass des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren unter das Motto „Die Utopie des Friedens“ gestellt. Wie schlägt sich das Thema auf der Tagung nieder?

Ein großer Teil der Vorträge hat genau dieses Thema. Tagungsleiter ist Werner Wild aus Tübingen. Er war Verdi-Landesbezirksleiter für Baden-Württemberg und hat ein Projekt zum Ersten Weltkrieg mit dem Titel „Aufschrei der Moderne“ initiiert. Er selbst behandelt in einem Vortrag die Utopie des Friedens im Frühwerk von Ernst Bloch. Julia Zilles, eine Doktorandin aus Göttingen, befasst sich unter dem Titel „Widerstand und Friede“ mit Blochs Friedenspreisrede aus dem Jahr 1967. Und Gert Ueding stellt in seinem Vortrag über Blochs polemische Rhetorik in Frage, ob sich Blochs Denken so einfach unter das Motto des Friedens stellen lässt. Nach dem Ende der Sowjetunion herrschte in Westeuropa Euphorie. Jetzt ist ein Aufschrei gegen Krieg, Gewalt und Unterdrückung, wie der Untertitel der Tagung lautet, wieder nötig. Lernt die Menschheit nie hinzu? Und verlässt uns die Utopie vielleicht deshalb nicht, weil uns Krieg und Gewalt nicht verlassen? Karola Bloch hat einmal gesagt, es sei nicht das Problem der Utopie, wenn Menschen ihr zuwiderhandeln würden. Aber Sie haben schon recht, dass wir im Moment in keiner sehr friedlichen Zeit leben. Leider bekommt die Utopie so eine neue Aktualität. Michael Daxner, der auch auf der Tagung sprechen wird, hat lange Zeit im Kosovo und in Afghanistan gelebt und wird in seinem Vortrag sicher darauf eingehen, wie man heutzutage agieren sollte. Es gibt auf der Tagung Vorträge von ausgewiesenen Bloch-Kennern wie Burghart Schmidt und Gert Ueding, aber auch wenig bekannte Namen wie etwa die schon erwähnte Julia Zilles. Hat die Bloch-Gesellschaft neue Mitglieder gewonnen? Wir haben immer noch circa 140 Mitglieder und befinden uns von der Mitgliederzahl her im Mittelmaß der philosophischen Gesellschaften. Aber in letzter Zeit sind viele junge Nachwuchswissenschaftler, auch international, hinzugekommen. Vielleicht bekommen Utopien aufgrund der Weltlage ja eine neue Aktualität. Viele junge Mitglieder sind in Großbritannien, wo unser Vorstandsmitglied Johan Siebers sehr aktiv ist. Catherine Moir zum Beispiel kommt aus London und wird über den Friedenstopos bei Bloch reden. Ich finde es sehr wichtig, dass die jungen Leute bei uns zu Wort kommen. Julia Zilles kommt aus der Diskursanalyse und geht mit neuen Methoden an Blochs Schriften heran. Matthias Maier aus Tübingen, der über Schelling und Bloch sprechen wird, ist ebenfalls ein junger, eben erst habilitierter Wissenschaftler. Es ist aber auch sehr wichtig, dass die jüngeren Wissenschaftler Gelegenheit bekommen, mit den älteren ins Gespräch zu kommen. Einige ältere sind inzwischen pensioniert und haben wieder mehr Zeit, auf Tagungen Vorträge zu halten. Eine tragende Rolle auf der Tagung kommt der Witwe des Sohnes Jan Robert Bloch, der Geigerin Anne Monika Sommer Bloch, zu. Von ihr sind an den beiden Tagen mehrere musikalische Beiträge vorgesehen. Dass musiziert wird, ist neu für diese Tagung. Wie ist es dazu gekommen? Das geht auf einen Vorschlag von Werner Wild und Anne Monika Sommer-Bloch zurück, den wir gerne aufgenommen haben. Die musikalischen Beiträge sind eine Form der Auflockerung und ein Zeichen, dass sie auf ihre Weise zum Gelingen der Tagung beitragen will. Auf der Mitgliederversammlung wird ein neuer Vorstand gewählt. Stehen Sie wieder zur Wahl? Ja, aber ich kandidiere mit einem Team. Es steht ein neuer Vorstand zur Wahl, und der Nachwuchs soll Platz im Vorstand bekommen.

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