Ludwigshafen Kleine Pannen zur Premiere

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Der PC streikt, eine Wahlurne fehlt, Abstimmungen verlaufen kurios: Die erste Sitzung des Stadtrats hat gestern einige Überraschungen geboten.

Am 25. Mai haben die Ludwigshafener die 60 Politiker gewählt, die sie für fünf Jahre im Stadtparlament vertreten sollen. Alle 46 Männer und 14 Frauen waren gestern Nachmittag zur konstituierenden Sitzung erschienen. Per Handschlag wurden die neuen Stadtratsmitglieder von Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) verpflichtet, für das Wohl der Bürger zu arbeiten – von A wie Rita Augustin-Funck (CDU) bis Z wie Heinz Zell (Piraten). Auch dem Abgeordneten der NPD, Werner Wegmann, reichte die OB die Hand. An ihrer versteinerten Miene war zu erkennen, dass ihr das keine Freude bereitete. Doch die Gemeindeordnung sieht den Handschlag für jeden Gewählten vor. Der Einzug der rechtsextremistischen Partei in den Stadtrat sorgte dafür, dass ein großes Polizeiaufgebot vor dem Ratssaal aufmarschiert war, um Zwischenfälle zu verhindern. 14 Neonazis waren nach Polizeiangaben gekommen. Sie verhielten sich angesichts der starken Polizeipräsenz friedlich und störten auch nicht die Demonstration auf dem Rathausplatz (siehe „Zur Sache“). Doch nicht nur die äußeren Begleitumstände dieser Premieren-Sitzung sorgten für Überraschungen: Auf der Tagesordnung stand die Besetzung von 14 Ausschüssen mit über 200 Sitzen. Die Ausschüsse arbeiten in verschiedenen Themenbereichen wie Sport, Kultur, Finanzen, Bausachen, Soziales oder Schulen dem Stadtrat zu. In den diversen Ausschüssen werden wichtige Themen entschieden oder beraten, bevor der Stadtrat einen Beschluss fällt. Außerdem wurde gestern auch das Personal für die Aufsichtsräte städtischer Tochterunternehmen gewählt, etwa im Klinikum, bei den Technischen Werken oder der Sparkasse Vorderpfalz. Auch die Wahl für die Ludwigshafener Vertreter in überregionale Gremien in der Rhein-Neckar-Region stand an, beispielsweise im Verkehrsunternehmen RNV. Über 100 Sitze waren hier insgesamt zu vergeben. Angesichts des Wahlergebnisses bei der Stadtratswahl war klar, dass die beiden „Großen“, SPD und CDU, die meisten Posten für sich reklamieren konnten. Auch die „Kleinen“ – Grüne, AfD, FDP, FWG und Linke – versuchten erfolgreich, den einen oder anderen Sitz zu ergattern. Dafür unterstützten sich diese Fraktionen wechselseitig. Die CDU erhielt wiederum Unterstützung von dem parteilosen Friedrich Walter, der für die Republikaner in den Rat eingezogen, dann aber aus der Partei ausgetreten ist. Dadurch herrschte weitgehend Abstimmungsgleichheit mit der SPD, die bei der Wahl einen Sitz mehr als die CDU bekommen hatte und damit stärkste Fraktion im Rat ist. Eine Überraschung, die den Christdemokraten etwas unangenehm war. Das Los musste zudem über den einen oder anderen Sitz in den verschiedenen Gremien entscheiden. Dabei bewies OB Lohse kein glückliches Händchen für ihre Partei, denn die Sitze fielen überwiegend anderen Fraktionen zu. Kurios: Für die Auslosung stand zunächst keine Wahlurne zur Verfügung. Deshalb musste die Sitzung für einige Minuten unterbrochen werden. Dann gab’s auch noch eine technische Panne beim Computerprogramm, das die Sitzverteilung in den Ausschüssen nach dem Abstimmungsergebnis im Stadtrat ausrechnen sollte. Beim 17-köpfigen Partnerschaftsausschuss streikte das Programm („Bearbeitungsabbruch wegen Endlosschleife“) . Erst am Ende der Sitzung konnte die Verteilung nachgereicht werden. Nachdem die Karten für die politische Ausschussarbeit für die kommenden fünf Jahre neu gemischt waren, erledigte der Stadtrat auch seine ersten Arbeitsaufträge. Der Rat beschloss für September einstimmig die Gründung eines Behindertenbeirats für die Stadt. „Wir wollen damit ein Zeichen für die Teilhabe von behinderten Menschen in Ludwigshafen setzen“, begründete Holger Scharff (SPD) den gemeinsamen Antrag von SPD und CDU. Außerdem wurde Hans-Joachim Weinmann (69, SPD) zum ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten gewählt. Und während noch Finanzmittel für den städtischen Haushalt bewilligt wurden, hatten sich die Neonazis wieder verzogen – auch NPD-Stadtrat Wegmann blieb dem zweiten Teil der öffentlichen Sitzung fern. Weitere unangenehme Überraschungen blieben aus.

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