Ludwigshafen Kakerlaken auf rollendem Handkäs’

Auf verlorenem Außenposten: die „Kneipiers“ Gerd Knebel (links) und Henni Nachtsheim.
Auf verlorenem Außenposten: die »Kneipiers« Gerd Knebel (links) und Henni Nachtsheim.

Gerd Knebel und Henni Nachtsheim sind Badesalz oder „Dö Chefs“. Nun gastierte das kultige hessische Comedy-Duo gleich zwei Abende nacheinander im jeweils ausverkauften Mannheimer Capitol und zeichnete die Vorstellungen für eine Veröffentlichung auf DVD auf.

„Beim Henry“ und „Paul’s Texas Pub“ sind windschiefe Kaschemmen, kleine, heruntergekommene Bruchbuden, die schon lange keinen Gast mehr gesehen haben. Paul (Knebel) führt den Pub, der diesen Namen nicht verdient, Henry (Nachtsheim) die abgewirtschaftete Kneipe direkt daneben. Es herrscht, wie Henry beschönigend feststellt, eine „leichte Zulaufkrise“. In Wahrheit kommt kein Mensch mehr an diesen verlorenen Außenposten hessischer Gastlichkeit am Rande einer unbestimmten Stadt. Es mag an der Lage liegen, an mangelnder Hygiene in beiden Häusern, an ihrer Schäbigkeit oder an der „kreativen“ Speisekarte, die nur Würstchen (bei Henry) beziehungsweise Frikadellen (bei Paul) listet. Doch alle vorgehaltenen Speisen vergammeln. Die Betreiber haben weder Kundschaft, noch Geld in der Kasse, noch einen Plan. Stattdessen droht unweigerlich das Ende des Mietvertrags und der nachfolgende Abriss der beiden Spelunken. Es gibt nur mehr eine Möglichkeit, auf die die konkurrierenden Wirte sich einigen können: die geschäftliche Fusion. Ein Joint-Venture von Paul und Henry, das beider Speisekarten unschlagbar bereichert und immerhin doppelt keinen Umsatz verspricht. Ein neues Konzept und ein neuer Name müssen her, am besten ein französischer, der die gebotene Kochkunst (un)angemessen repräsentiert. „Französisch is e Babbelsprach, da werd geschriewwe wie gebabbelt“, meint Paul und schreibt also: „Dö Chefs“ („dö“ für französisch: „deux“), zu deutsch „Zwei Köche“, oben auf die Hinweistafel. Seit 1982 stehen der ehemalige Sänger der Offenbacher Deutschrockband „Flatsch!“, Gerd Knebel, und der einstige Saxofonist der Rodgau Monotones („Die Hesse komme!“), Hendrik „Henni“ Nachtsheim, als Comedyduo auf der Bühne. Für überregionale Bekanntheit sorgten besonders ihre Fernseh-Sketchshow „Och Joh“ und ihre Kinokomödie „Abbuzze! Der Badesalz-Film“. Das langjährige Eingespieltsein aufeinander, ihre Bühnenroutine im besten Sinne, spürt man deutlich, wenn sie unentwegt ihr breites hessisch’ Dummgebabbel präsentieren, das so grob geschnitzt wirkt, aber in Wirklichkeit ganz fein abgestimmt ist. Knebels Paul ist ebenso genervt wie nervig, ein giftiger, aggressiver Miesmacher, während Henry eher defensiv agiert. Im Grunde steht er freilich dem Kompagnon, der eben noch sein ärgster Konkurrent war, nicht nach, grätscht bauernschlau in jede offene Flanke und bringt so wiederum sein Gegenüber ins Straucheln. Unmittelbar nach dem Beschluss ihres Bündnisses übertreffen die beiden sich schon mit hanebüchenen Entwürfen einer gemeinsamen, gloriosen Zukunft. Asien-Wochen mit Handkäs-Sushi oder Frankfurter „Grie Soß“, die mit Stäbchen gegessen wird, Haute Cuisine, bei der die Rindswurst mit Senf als „rote Gourmetsichel an goldgelber Edelmarinade“ auf der Speisekarte steht, oder Erlebnisgastronomie, bei der Kakerlaken auf einem rollenden Handkäs’ balancieren, müssten den Laden doch in Schwung bringen, fantasieren sie, bis sie am Ende doch den Umzug ihres Lokals nach Spanien vorziehen. „Dos Cheffos“ soll dieses heißen.

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