Ludwigshafen Kötz entgeht nichts

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Unter den 600 Gästen im großen Zeltkino auf dem Gelände der ehemaligen Campbell Barracks in Heidelberg waren auch Regisseur Serge Avédikian, Schauspieler Patrick Chesnais und Produzent Frédéric Niedermayer. Mit deren armenisch-französischer Komödie „Lost in Armenia“ ist das Filmfestival Mannheim-Heidelberg eröffnet worden.

Der Paradeplatz des einstigen europäischen Hauptquartiers der US Army, wo das Festival im zweiten Jahr seine Zelte aufgeschlagen hat, lenke den Blick kurz nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten abermals nach Amerika, sagte Festivalleiter Michael Kötz in seiner Eröffnungsrede. „Wo wir doch alle noch darüber nachdenken, was, um Gottes willen, ist dort passiert?!“ Der Heidelberger Bürgermeister Jürgen Odszuck, erst seit sechs Wochen im Amt, hob hingegen die Umwandlung des ehedem militärisch genutzten Areals in ein ziviles Gebiet hervor und lobte vorab: „Das Internationale Filmfestival gehört sicherlich zu den absoluten Highlights in dieser kulturell ungemein lebendigen Stadt.“ Kötz blickte zurück auf die Entwicklung des Festivals seit seiner ersten Ausgabe 1952. „Man hat keine Chance, dem zu entkommen, wenn man das 65. Jahr seiner Entstehung feiert“, rechtfertigte er die Länge seines Vortrags. Aus der Mannheimer Kultur- und Dokumentar-Film-Woche wurde die Internationale Filmwoche und schließlich das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Von diesem Festvortrag abgesehen, wolle er aber darauf verzichten, das Publikum mit der Festivalhistorie zu behelligen. „Wir haben stattdessen nach den allerneuesten Filmwerken meistens junger Autoren aus 30 Ländern gesucht“, erklärte Kötz, bevor er erklärte, wie die „Methode Mannheim-Heidelberg“ funktioniert. „Wir erfanden, sozusagen mit deutscher Gründlichkeit, die Recherche, bei der wir wie mit einem riesigen Kamm, in dem wirklich alle Filme von Newcomer-Regisseuren hängen bleiben, durch die weltweite Jahresproduktion gehen und dabei eben auch die Filme erwischen, die die anderen Festivals gar nicht im Blick haben.“ Auf diese Weise werden jährlich etwa 8000 Filmtitel in einer Datei erfasst, 1000 davon angeschaut, bis schließlich etwa 150 Filme in die Vorauswahl kommen. Das sei der Moment, wo andere Filmfestivals ihre Selektion beenden, bei Kötz dagegen wird weiter ausgesiebt: „Gnadenlos sortieren wir bis zum Schluss alles aus, das uns nicht restlos begeistert hat, bis es schließlich pro Festivaltag nie mehr als vier Filme sind, die in beiden Städten präsentiert werden“, so der Direktor. Filme von Newcomern sind nach wie vor das Erkennungszeichen des Festivals. Hier seien sie, so Kötz, nicht wie bei anderen Festivals irgendwo im Programm versteckt, „weil man ihnen nicht viel Attraktivität zutraut“. In Mannheim und Heidelberg gebe es Newcomer sogar zur Eröffnung. Zur Bestätigung dieser Ansage kamen der bald 70-jährige französische Schauspieler Patrick Chesnais und der zehn Jahre jüngere Serge Avédikian auf die Bühne, um Avédikians tatsächlich erst zweite längere Regiearbeit „Lost in Armenia“ zu präsentieren.

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