Ludwigshafen Im Einklang mit sich selbst

In Pop, Soul und Jazz zu Hause: Max Mutzke.
In Pop, Soul und Jazz zu Hause: Max Mutzke.

Max Mutzke ist meist mit der kleinen, aber feinen Band Mono Punk unterwegs. Ins BASF-Feierabendhaus in Ludwigshafen hat er jetzt noch ein ganzes Orchester mitgebracht: die Württembergische Philharmonie Reutlingen. Zu hören gab es einen Querschnitt seines Schaffens – und da ist von Pop über Soul bis zum Jazz alles dabei.

Die Stimmung ist im vollen Saal ziemlich schnell angefacht. Schon beim zweiten Stück klatschen die Zuhörer den Backbeat mit, antworten auf kleine Licks, die Mutzke vorsingt, und dann grooven alle im Stehen mit. Der Sänger schafft es, von Gute-Laune-Songs bis hin zu ernsteren Tönen einen Bogen zu schlagen. All das passt gut zusammen, denn man hat das Gefühl, dass hier einer im Einklang mit sich selbst ist. „Das nächste Stück ist fast poppig banal – vielleicht deshalb so erfolgreich“, sagt Max Mutzke „Welt hinter Glas“ an, kündigt aber auch an, dass Dirigent Enrique Ugarte sich das Stück vorgenommen und für Orchester arrangiert hat. Tatsächlich hatte Ugarte hier und bei den anderen Stücken eine recht geschickte Hand, wenn es darum ging, den Sound mit einem Sinfonieorchester aufzuwerten. Ein besonders gelungenes Arrangement ist das etwas ernstere „Hier bin ich Sohn“, bei dem das Intro mit düsteren langsamen Paukenschlägen und dem Einsatz der Blechbläser an eine berühmte Trauermusik von Henry Purcell erinnert. Später gibt es eine Stelle, an der die Holzbläser unisono ein ausgeschriebenes Solo von irrwitzigem Tempo spielen. Keine Frage – da sind lauter exzellente Musiker im Orchester zugange. Dass Mutzke den Weg aus dem Schwarzwald auf große Bühnen gefunden hat, ist nicht nur Stefan Raab zu verdanken, sondern auch einem Freund. Der Freund hatte Mutzke bei Raabs alternativer Castingshow angemeldet. Mutzke selbst, so geht die Geschichte, habe sich für damals populäre Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ gar nicht interessiert. 2004 gewann Mutzke den Wettbewerb „Stefan sucht den Super Grand Prix Star“. Bis dahin hatte Mutzke schon viele Jahre Musik gemacht. 1981 wurde er als Maximilian Nepomuk Mutzke in Kenkingen im Südschwarzwald geboren. Sein Vater spielt begeistert Schlagzeug und nahm den kleinen Max öfter zu seinen Bandproben mit. So lag es nahe, dass der Junior das Schlagzeug auch mal probiert. Selbst als seine Gesangskarriere schon längst angelaufen war, spielte Mutzke immer noch Drums in einer Band. Sein Gesangstalent wurde zu Hause beim Mitsingen von Radiosongs offenbar. Einen starken Einfluss auf ihn hatten Soul und Funk der Motown-Ära, für die Namen wie James Brown oder Aretha Franklin stehen. Ein auffällig gemischtes Publikum war gekommen, um Mutzke zu hören. Dass seine Musik über Generationen hinweg Leute anspricht, ist kein Zufall. Der Genre-Mix aus Soul, Pop und etwas Jazz hat stets einen ansprechenden Groove. Er klingt interessant genug, um die Hörer bei der Stange zu halten, hat aber auch keine scharfen Ecken und Kanten. Mutzke hat auch eine Jazzband und schon ein reines Jazz-Album veröffentlicht. Sein Talent als Crooner stellt er bei „Me and Mrs. Jones“ unter Beweis. Für seine eigenen Stücke schreibt der Sänger englische und deutsche Texte, die auch durchaus mal ernster sein können. Sehr persönlich wird Mutzke mit dem schon erwähnten „Hier bin ich Sohn“. Er spricht vor der Musik über eine Krankheit, die oft nicht erkannt werde. Im Lauf des Stücks wird klar, dass es um Alkoholismus geht. Mutzkes Mutter ist vor wenigen Jahren an den Folgen dieser Suchterkrankung gestorben. Ein persönliches Anliegen ist Mutzke auch der Kampf gegen Rassismus. Seine Frau stammt aus einer ostafrikanischen Familie, zusammen haben sie vier Kinder. Auch im Feierabendhaus plädiert er ausdrücklich für Vielfalt und Toleranz. Regelmäßigen Feierabendhaus-Besuchern ist die Württembergische Philharmonie Reutlingen schon länger bekannt. Das Orchester ist hier in der Vergangenheit schon mit Viva Voce und mit Till Brönner aufgetreten. Ihr Dirigent Enrique Ugarte ist auch ein erstklassiger Akkordeonist. Als solcher hat er schon mit großen Sinfonieorchestern gespielt, aber auch mit dem Jazzer Chick Corea und dem Klassik- und Klezmer-Fans bekannten Giora Feidman. Und so kommt es, dass zur letzten Zugabe, nachdem der Saal bei „Charlotte“ gebrodelt hat, Ugarte am Akkordeon mit Mutzke noch „You are so beautiful“ anstimmt und die begeisterten Zuhörer in einer bluesig-souligen Stimmung verabschiedet.

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