Ludwigshafen Graue Maus gewinnt an Farbe

Ludwigshafen

. Der Weg nach Melsungen ist nicht ganz unbeschwerlich. Im Normalfall würden nicht viele Menschen die Autobahnabfahrt Melsungen auf der A7 wählen, wäre dort nicht der Hauptsitz eines Weltkonzerns. Die B. Braun Melsungen AG ist ein Pharma- und Medizinbedarfsunternehmen. Fast 5,2 Milliarden Euro betrug der Umsatz 2013. 50.000 Mitarbeiter beschäftigt die Aktiengesellschaft in 50 Ländern. Ohne B. Braun wäre die 13.500-Einwohner zählende Gemeinde Melsungen ein ganz gewöhnliches Dorf. Und ohne B. Braun gäbe es die MT Melsungen, morgiger Gegner der TSG Friesenheim (19 Uhr, Eberthalle), wohl nicht. Das Unternehmen sponsert nämlich den Handball-Bundesligisten seit 2003 – wie jedoch über 160 weitere Geldgeber auch. Doch der Konzern ist der größte Finanzier des 4,1 Millionen-Etats. Die Entscheidung von B. Braun, die Melsunger Turngemeinde (MT) künftig als Hauptsponsor zu unterstützen, war für den Klub ein wegweisender Schritt. Zwei Jahre später stieg die MT in die Bundesliga auf. Damit begannen aber auch die Probleme. Melsungen hatte keine bundesligataugliche Halle. Der Erstligist trug seine Heimspiele in Rotenburg an der Fulda aus. Doch 2007 zog die MT nach Kassel um. Seitdem finden dort in einer Halle auf dem Messegelände die Partien der MT statt. Mit dem Umzug sollte auch das Image der grauen Maus der Liga abgeschüttelt werden. Doch das gelang nicht so schnell. Melsungen blieb ein Verein, der im Mittelfeld der Liga herumdümpelte. Bis voriges Jahr. Da wurde die MT Sechster. Es war das beste Ergebnis in der Vereinsgeschichte. Der Klub hatte sich zudem erstmals für den Europapokal qualifiziert. Die Premiere im internationalen Wettbewerb verläuft bislang glänzend. Melsungen steht im Viertelfinale. Das ist ein Erfolg, der nicht von ungefähr kommt – und der eng mit Trainer Michael Roth verbunden ist. Der gebürtige Heidelberger hat die MT zu einem professionell geführten Verein gemacht. Er hat Strukturen aufgebaut. Die Fanclubs bekommen immer mehr Zulauf, der Zuschauerschnitt steigt stetig – und in der sonst kühlen Messehalle ist die Stimmung bei den MT-Spielen in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Der Klub hat sich zu einem Verein in der erweiterten Spitzengruppe entwickelt. Die graue Maus der Liga hat an Farbe gewonnen. Vor wenigen Wochen nun wurde der Vertrag von Michael Roth vorzeitig bis 2017 verlängert, nachdem das Gerücht die Runde gemacht hatte, dass der Hamburger SV Interesse an Roth habe. Roth geht nun etwas andere Wege. Er baut verstärkt auf den Nachwuchs. Die A-Junioren steigen aller Voraussicht nach in die Bundesliga auf. Der Kader für die kommende Saison steht. Bis auf Torwart Appelgren bleiben alle Spieler. Für Appelgren kommt Johann Sjöstrand vom THW Kiel. Diese Kontinuität steht für die MT Melsungen 2.0 sozusagen. Und sie zahlt sich aus. Nach einem holprigen Start hat sich die Mannschaft gefangen. Aktuell ist das Team Sechster. „Die latente Unruhe ist weg“, atmet Roth auf. Sie war aufgekommen, weil die vielen Doppelbelastungen – Bundesliga und EHF-Pokal – die MT immer wieder zurückgeworfen hatten. „Doch jetzt haben wir wieder die Leichtigkeit des Seins“, sagt Roth.

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