Ludwigshafen Grüne geben Linken den Laufpass

Paukenschlag vor der Sitzung am Mittwochabend: Grünen-Sprecher Raik Dreher (46) hat die Fraktionsgemeinschaft mit der Linken Sabine Gerassimatos (51) im Ortsbeirat Südliche Innenstadt aufgekündigt. „Wir wollen jetzt grüne Politik pur machen“, sagt er. Gerassimatos fühlt sich brüskiert und wirft Dreher einen schlechten Stil vor.

Ohne vorherige Absprache habe Dreher die Fraktion in einer Nacht- und Nebelaktion aufgelöst, klagt Gerassimatos. Mitgeteilt worden sei ihr die Entscheidung von Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU). Selbst Drehers Parteikollege Jens Brückner habe überrascht und betroffen reagiert. „Herr Dreher hat bis heute das System des Ortsbeirats nicht erfasst. Er als Kreisvorsitzender versteht nicht den Unterschied, dass eine Ortsbeiratsfraktion nicht mit dem Kreisverband der Grünen gleichzusetzen ist“, sagt Gerassimatos, die für die Linken auch im Ludwigshafener Stadtrat sitzt. Mit Brückner sei die Zusammenarbeit über vier Jahre hinweg sehr gut gewesen. Gewendet habe sich das Blatt nach der Kommunalwahl. Diese bescherte den Grünen einen zweiten Sitz im Rat, den Dreher neben Brückner einnahm, während der Linkspartei wie bisher nur ein Mandat blieb. „Ich als Vertreterin der Linken musste regelmäßig meine Positionen gegen unvermittelte Angriffe verteidigen, was natürlich für Spannung sorgte und vor Drehers Fraktionsvorsitz nicht der Fall war“, schildert Gerassimatos ihre Sicht der Dinge. Ein Großteil der Kärnerarbeit sei an ihr hängengeblieben. Gut die Hälfte der Anträge, die Dreher für die Sitzung am 21. Januar eingereicht habe, stammten aus ihrer Feder. Das habe sie viel Energie gekostet. „Ich bin auf der menschlichen Ebene tief enttäuscht von Dreher und werde jetzt alleine meinen Weg im Ortsbeirat beschreiten“, bilanziert Gerassimatos. „Es tut mir furchtbar weh.“ Dreher widerspricht Gerassimatos’ Darstellung. Es sei zwar richtig, dass er zunächst den Ortsvorsteher informiert habe. Schriftlich habe er Gerassimatos aber sehr wohl von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt. Der Austausch mit der Linken sei ohnehin weitgehend per E-Mail-Verkehr gelaufen. Der Vorstand des Kreisverbands, die Stadtratsfraktion und auch Jens Brückner seien mit der Trennung einverstanden gewesen. „Wir sind diese Gemeinschaft eingegangen, weil wir uns Vorteile erhofft und auf die kommunalpolitische Kompetenz der Linken gebaut haben“, sagt Dreher. „In der Praxis haben sich diese Hoffnungen nicht erfüllt.“ Das Verhältnis zu Gerassimatos sei ein normales, aber kein enges gewesen. Aus persönlichen Gründen sei die Ehe mit den Linken aber nicht gescheitert. Laut Ortsvorsteher Heller hat ihm Dreher die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft am vergangenen Dienstag schriftlich mitgeteilt. „Es ist immer schade, wenn gute Ideen auf der Strecke bleiben, weil sich Leute nicht einigen können“, kommentiert der 51-Jährige das Zerwürfnis. Leidtragende davon ist vor allem Gerassimatos, die künftig als Einzelkämpferin für die Linke im Ortsbeirat sitzt und nun nur noch Anfragen, aber keine Anträge mehr stellen kann. Das dürfen nur Fraktionen (mindestens zwei Sitze). Für die Grünen verändert sich wenig, da sie ihren Fraktionsstatus behalten. (ier/Fotos: Archiv)

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