Ludwigshafen Gasexplosion offenbar durch Fahrlässigkeit verursacht
Die Gasexplosion in Edigheim vom 23. Oktober ist offenbar durch Fahrlässigkeit bei Bauarbeiten ausgelöst worden. Laut Staatsanwaltschaft ist die Pipeline durchstoßen worden, als eine Spundwand in die Erde gerammt wurde. Jetzt wird gegen die Verantwortlichen ermittelt. Ludwigshafener Politiker fordern Konsequenzen aus dem Unglück.
Fast sieben Monate haben Experten die Überreste der Ferngasleitung und das bei den Bauarbeiten eingesetzte Material untersucht. Gestern hat die Staatsanwaltschaft Frankenthal erste Ermittlungsergebnisse veröffentlicht: Demnach wurde am 23. Oktober von einem Bagger eine Spundwand in die Pipeline gerammt. Durch zwei Löcher strömte Erdgas, das sich entzündete, als Metall auf Metall traf. Die Ermittler werfen den Bauverantwortlichen fahrlässiges Handeln vor. So hätten sie sich vor den Baggerarbeiten Klarheit über den genauen Verlauf der Ferngasleitung verschaffen und die Pipeline vorsichtig freilegen müssen. „Es spricht einiges dafür, dass dies nicht gemacht wurde. Das Einrammen der Spundwand war daher wie russisches Roulette“, sagte Leitender Oberstaatsanwalt Hubert Ströber. Es gebe zwar Lagepläne für die Pipeline. Es müsse aber noch geklärt werden, ob sie stimmen und ausreichend berücksichtigt wurden. Der Baggerführer und ein Bauarbeiter kamen bei dem Unglück ums Leben. Den zwei überlebenden Bauarbeitern macht die Staatsanwaltschaft keine Vorwürfe, sie hätten keine Entscheidungsbefugnis gehabt. Sie sind wichtige Zeugen, um die genauen Abläufe auf der Baustelle zu ermitteln. Bisher haben sich beide auf Anraten ihrer Anwälte nicht geäußert. Da sie nun nicht als Beschuldigte gelten, können sie die Aussage nicht mehr verweigern. Gegen zwei Bauverantwortliche beim Pipeline-Betreiber Gascade sowie den Polier und den Bauleiter bei der beauftragten Baufirma hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren eingeleitet – unter anderem wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Brandstiftung. Zwei Beschuldigte, der Polier und ein Gascade-Verantwortlicher, waren am Unglückstag vor Ort und wurden leicht verletzt. Ob es zu einer Anklage gegen die Beschuldigten kommen wird, hängt vom Ausgang des Ermittlungsverfahrens ab. Bei der Explosion wurden insgesamt über 20 Menschen verletzt, an Gebäuden und Autos im Umkreis der Unglücksstelle entstand durch die Hitze der über 100 Meter hohen Flammensäule ein Millionenschaden. Unterdessen fordern Ludwigshafener Kommunalpolitiker Konsequenzen aus dem Unglück: Durch die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft stehe nun fest, dass die Explosion durch „menschliches Versagen“ ausgelöst worden sei, sagte Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU). Für die von dem Unglück betroffenen Menschen sei es wichtig, nun ein Stück Klarheit zu bekommen. Lohse will sich dafür einsetzen, dass die Sicherheitsvorschriften für Arbeiten an Ferngasleitungen in Wohngebieten geändert werden. Vor den Arbeiten an einer Pipeline müsse die Leitung abgestellt werden, forderte die 59-Jährige. Der Oppauer Ortsvorsteher Udo Scheuermann (SPD) äußerte sich ähnlich. „Ich erwarte von Gascade, dass künftig vor Bauarbeiten das Gas abgestellt wird – so ein Unglück sollte niemand mehr erleben müssen.“ Zu den Ermittlungsergebnissen meinte er: „So etwas dürfte eigentlich nicht passieren.“ Gascade wollte zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft gestern keine Stellung nehmen. Die Ermittlungsergebnisse lägen dem Unternehmen noch nicht vor. Die Firma, Tochterunternehmen der BASF und des russischen Konzerns Gazprom, werde weiter mit den Behörden kooperieren. Laut einer Gascade-Sprecherin laufen bei dem Unternehmen auch interne Untersuchungen: „Wir haben ähnliche Arbeiten an Ferngasleitungen bis zum Abschluss der Ermittlungen auf Eis gelegt. Wir wollen alle Vorsichtsmaßnahmen treffen, die so ein Unglück künftig verhindern.“