Ludwigshafen Der Kapitän muss improvisieren

„Spaß haben“ – so lautete die Maxime von Hafendirektor Franz Reindl. Und diesen Spaß hatten alle an Bord der MS Pfalz – dem Oldtimer und Goldstück der Hafenbetriebe. Mit sattem Dieseltakt schaukelte das Arbeitsboot die Besucher durch die kleine Kreuzfahrt über Rhein und Neckar. Tatsächlich eine Kreuzfahrt, denn den ursprünglichen Plan musste „Kapitän“ Ralf Vondung am Steuer gleich mehrfach über den Haufen werfen. „Wir haben für 12 Uhr einen Transfer durch die Kammerschleuse in Mannheim reserviert“, verriet Hafenchef Reindl zu Beginn. Dabei war schon der Einstieg im Kaiserwörthhafen unterhalb des Geländes der Firma Contargo eine Improvisation. „Der Pegel ist in der vergangenen Woche noch einmal um anderthalb Meter gefallen. Wir kommen deshalb nicht mehr auf unseren eigentlichen Liegeplatz im Luitpoldhafen.“ Immerhin fanden fast alle Teilnehmer auch den neuen Ablegeplatz auf Anhieb. „Das ist halt ein Teil von Ludwigshafen, den man sonst nicht zu Gesicht bekommt“, konnte Hans Koloska aus Oppau auch dem ungewohnten Ort mit reichlich Industrieromantik Positives abgewinnen. Doch auch auf den avisierten Schleusentransfer musste die fröhliche Schiffsbesatzung verzichten. Denn auf Höhe der Sandhofener Fähre im Altrheinarm auf dem Weg in den Mannheimer Industriehafen versperrten plötzlich Bojen den Weg. Die Kanuten in Mannheim hatten offensichtlich vergessen, den Nachbarn eine Regatta zu melden. „Dann fahren wir die Schleuse eben von der anderen Seite an und nutzen die Mittagspause, um durch Industriehafen und Altrhein zu fahren“, improvisierten Kapitän Vondung und sein „Matrose“ Alfred Scholz, ehemaliger Mitarbeiter der Hafenbetriebe und ebenfalls mit dem notwendigen Bootsführerschein als Unterstützung an Bord, blitzschnell. Leider hatten sie dabei die Rechnung ohne die Mannheimer Schleuse gemacht. Die war auf die Ludwigshafener Improvisationskunst offensichtlich nicht gefasst und entsprechend nicht besetzt. „Dann fahren wir eben ein Stück den Neckar hoch“, erklärte Vondung kurzentschlossen. Er freute sich im Übrigen, dass er mit dem gebürtigen Mannheimer Hans Koloska einen alten Bekannten aus gemeinsamer Vergangenheit an Bord begrüßen durfte. Auch Betina Landsiedel aus Neuhofen erlebte Geschichte. „Mein Vater hat in Ludwigshafen bei der Feuerwehr gearbeitet und auf diesem Boot seinen Bootsführerschein gemacht“, berichtete die 54-Jährige, die als ehemalige Kanutin über einige Erfahrung auf dem Wasser verfügt. So viel, dass Franz Reindel kurzerhand das Kommando an Bord übernahm: „Ralf, du brauchst eine Pause“, rief er dem Steuermann zu, der das Ruder an Landsiedel weiterreichte, die ihre wertvolle Fracht ohne Komplikationen und mit einem breiten Grinsen im Gesicht über den Rhein schipperte. Vater Heinrich, der vor wenigen Wochen seinen 80. Geburtstag feierte, wäre sicher stolz auf sie gewesen. Doris Mohr aus Ruchheim fühlte sich auf dem Wasser ebenfalls zu Hause, obwohl sie doch eigentlich seit über 30 Jahren bei den Landfrauen ist. „Es können ja nicht nur Seejungfrauen mitfahren“, kommentierte sie lachend. Immerhin war es auch nicht ihr erster Aufenthalt an Bord der Pfalz: „Vor zehn, 15 Jahren hatten wir schon einmal Glück und waren bei dieser Sommertour dabei.“ Für Susanne Sasturain war es hingegen der erste Aufenthalt auf Rhein und Neckar. Sie freute sich über die ungewohnte Perspektive, die auch die Fahrt in den Neckar bis unter den Fernmeldeturm bot. „Einiges davon werden wir sicherlich auch demnächst mal mit dem Fahrrad erkunden“, meinte sie und konnte, wie alle Mitfahrer, auch der improvisierten Reiseroute viel Positives abgewinnen: „Es ist ein ungewohnter Blick auf Mannheim und Ludwigshafen“, sagte sie vor dem ebenfalls improvisierten Ausstieg im Kaiserwörthhafen: Weil die Wasserschutzpolizei gerade den einzigen Liegeplatz belegt hatte, kletterten die RHEINPFALZ-Leser zum Abschied über das Einsatzboot ans Ufer. Aber: Psst, nicht weiterverraten!

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