Ludwigshafen Bratwurst gegen Populismus

Was für eine Aufregung in Deutschland seit den Landtagswahlergebnissen vom Sonntag. Viele überlegen, was uns die Zahlen denn nun genau sagen sollen, welche Machtoptionen sich daraus ableiten und was mit der neuen sogenannten Alternative zu tun ist? Da passt ein Termin wie der am Dienstagabend doch perfekt ins Konzept. Es ist 17.15 Uhr, der Ortsbeirat Maudach trifft sich – und damit das erste politische Gremium in Ludwigshafen seit der Landtagswahl. Auch im beschaulichen 7000-Einwohner-Stadtteil gab es einige Turbulenzen und satte 18,6 Prozent für die AfD. Wird das im örtlichen Gremium irgendwie zur Sprache kommen, werden die gewählten Dorfparlamentarier vielleicht etwas unsicher oder geknickt an die Tagesordnung gehen? Fehlanzeige. Die Ortsbeiräte betreten fröhlich das Sitzungszimmer im Schloss. Man kennt sich, geht nett miteinander um. Die Ortsbeiräte kommen übrigens bis auf eine Grüne alle von CDU und SPD. Und das sollen also die Volksvertreter sein, die laut AfD abgehoben sind und am Bürger vorbei Politik machen? Das kann man sich bei den Bildern von Maudach wahrlich nicht vorstellen. Das wirkt alles sehr geerdet und – ja – volksnah. Der Ortsbeirat hält sich nicht lange auf und macht sich an die Arbeit. Wie nüchtern, entspannt und zielgerichtet die Kommunalpolitiker dabei vorgehen, können zumindest jene fünf Bürger weitererzählen, die sich die Mühe gemacht haben, in die Sitzung zu kommen, anstatt immer nur über „die Politiker“ zu schimpfen. Fazit: Die Maudacher sind bodenständig und halten zusammen. Beispiel gefällig? Die Bruchfesthalle. Im Juni 2014 fiel das Gebäude, in dem viele Vereine über Sommer ihre Feste feiern, einer Brandstiftung zum Opfer. Jetzt wird fleißig gewerkelt. Aber eine große Frage steht im Raum: Klappt’s mit der ersten Feier am 1. Mai? Das wäre ganz wichtig, sagt Ortsvorsteherin Rita Augustin-Funck (CDU), denn die Vereine brauchen die Einnahmen für ihre Arbeit. Und die Maudacher wollen nicht länger auf ihre geselligen Runden im Bruch verzichten. Das ist allen im Ortsbeirat ein Herzensanliegen. Alle halten hier zusammen, Parteigrenzen oder Fraktionsüberlegungen spielen keine Rolle. Denn aufgepasst beim Datum: Der 1. Mai ist ja der Tag der Arbeiterbewegung und somit rot gefärbt. Das hindert Augustin-Funck und ihren CDU-Parteifreund Jürgen Schreiweis, der zudem Sprecher der Vereine (Arge) ist, nicht, für den 1. Mai zu kämpfen. „Ich traue mich ja gar nicht mehr zum Einkaufen“, bekannte Schreiweis im Rat. SPD-Kollege Wolfgang Emig ergänzt: „Das ist uns wirklich wichtig.“ Die Verwaltung ist zuversichtlich. Es sei noch einiges zu tun. Aber bis Ende April soll alles fertig und die Halle bezugsfertig sein. Es wird wohl ein Geduldsspiel, aber die Ortsbeiräte freuen sich über das grüne Licht. Ihnen ist das Projekt einfach wichtig, weil es um ihre Vereine im Ort geht. Das unterstreicht die Ortsvorsteherin am Ende auch noch mal ganz plastisch: „Egal wie, die Halle muss fertig sein. Hauptsache, am 1. Mai können die Bratwürste über die Theke gehen.“ Besser kann man Dorfpolitik wohl nicht auf den Punkt bringen – und eine bessere Antwort auf Populismus und politische Unruhe kann man wohl auch nicht geben. Es geht vor Ort eben einfach um klare Projekte und dass man gemeinsam vorankommt. Schreiweis berichtet derweil, dass die Vereine schon ganz viel Inventar und Geräte für die neue Halle bestellt haben. Alle sitzen auf Abruf, um die Bruchfesthalle rechtzeitig vor dem 1. Mai einzuräumen – auf dass dann allen das Festtagsbier schmeckt. Bei der Gelegenheit kann dann ja auch die große Politik wieder zur Sprache kommen. Vielleicht hat sich bis dahin die Aufgeregtheit in Deutschland etwas gelegt. Das Modell Maudach könnte dabei Vorbild sein: an einem Strang ziehen oder Bratwurst gegen Populismus. Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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