Ludwigshafen Berlin, Balkan, Istanbul

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2015 hat Pfalzbau-Intendant Tilman Gersch das Festival „Offene Welt“ gestartet und Produktionen rund um die Themen Globalisierung und Migration nach Ludwigshafen geholt. Im März geht die Veranstaltung in ihre zweite Auflage, allerdings mit deutlich kleinerem Etat und reduziertem Programm. Spannendes Theater, Konzerte mit Sufi-Klängen und Indie-Pop sowie eine Lesung Feridun Zaimoglus lohnen dennoch den Besuch. Gestern ist das Programm vorgestellt worden.

Der seit langem in Deutschland lebende Autor stellt seinen neuen Roman „Siebentürmeviertel“ vor. Zaimoglu erzählt darin eine Familiengeschichte im Istanbul der 1930er Jahre, wo mit den unterschiedlichen Menschen auch kulturelle und religiöse Gegensätze aufeinandertreffen. Als Deutschlandpremiere ist die neue Produktion des serbischen Regisseurs Oliver Frljic zu sehen. Wie in „Aleksandra Zec“, das 2015 bei „Offene Welt“ gezeigt wurde, geht es auch bei „Der Ristic Komplex“ um die Konflikte auf dem Balkan nach dem Zerfall Jugoslawiens. Diesmal kommen Frljic und seine Darsteller ganz ohne Worte aus und beschränken sich auf die Kraft der Bilder. Einen Umweg über Brasilien nimmt Marianna Salzmanns „Muttersprache Mameloschn“. In ihrem Stück schildert die aus Russland stammende, heute in Berlin lebende Autorin eine deutsch-jüdisch Frauengeschichte über drei Generationen hinweg. Die Inszenierung von Mirah Laline kommt vom Theater Ato cia. Cenica und wird in portugiesischer Sprache mit deutschen Übertiteln gespielt. Keine Sprachprobleme gibt es bei der Komödie „Vorhaut“ vom Berliner Ballhaus Naunynstraße. Mit den Mitteln des Volkstheaters schildert Autorin Necati Öziri den Streit um die Beschneidung, die in Deutschland ein großes Thema war. Religiöses Gebot oder vorsätzliche Körperverletzung – mit dieser Frage muss sich auch ein deutsch-türkisches Paar bei einer überstürzten Geburt in einem Berliner Krankenhaus beschäftigen. „Die Welt globalisiert sich auch in den Biografien der Menschen, das wird in diesen Texten zum Ausdruck kommen“, sagte Gersch über seine Programmauswahl. Die Künstler kommen diesmal aus Brasilien, vom Balkan, aus der Türkei, Skandinavien und Deutschland. Das schafft überraschende Gegensätze, wenn etwa bei zwei Konzerten auf den Sufi-Meister Sheikh Bahauddin Adil die schwedische Sängerin, Orgelspielerin und Liedermacherin Anna von Hausswolff folgt. Ergänzend gibt es eine Installation des türkischen Künstlers Sakir Gökcebag im Foyer und ein Zukunftsforum zum Thema „Wie leben in der Welt von morgen?“ mit dem Soziologen Harald Welzer in Zusammenarbeit mit dem Hack-Museum. Während Gersch 2015 mit einem Etat von 500.000 Euro planen konnte, darunter eine einmalige EU-Förderung, muss er nun mit etwa 150.000 Euro auskommen. Die BASF unterstützt ausschließlich partizipative Projekte im Umfeld des Festivals, die zur Eröffnung der Festspiele am 14. Oktober vorgestellt werden. „Es gibt viel Wohlwollen für das Festival, aber nicht so viel Geld“, beklagt Gersch, „aber das Projekt ,Offene Welt’ wollten wir unbedingt fortsetzen“. Termine —4. und 5. März, „Vorhaut“ —8. März, Feridun Zaimoglu —9. März, „Der Ristic Komplex“ —10. und 11. März, „Muttersprache Mameloschn“ —12. März, Zukunftsforum —12. März, Ottoman Sufi Night —13. März, Anna von Hausswolff

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