Ludwigshafen Aus Munitionskisten gebaut

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Not macht erfinderisch: Aus Mangel an Baumaterialen entstand 1925 in der Gartenstadt ein Haus der ganzen besonderen Art. Denn Außenwände und Zwischenwände bestanden aus dem Holz von Munitionskisten aus dem Ersten Weltkrieg. Erinnerungen an das „Schachtelhaus“-Projekt.

Bauherr war das Mannheimer Unternehmen Grün & Bilfinger, das in der neu erstehenden Gartenstadt ein „Musterhaus“ aus den nach dem Krieg massenhaft übrigen Holzkisten baute. 300.000 dieser ursprünglich zur Lagerung von Granaten vorgesehenen 46 Zentimeter langen und 35 Zentimeter hohen Holzkisten hatte die Baufirma nach dem Ende des Ersten Weltkriegs für ihr Projekt ersteigert. Die Kisten wurden mit Schlacke gefüllt und über zwei Etagen auf etwa 40 Metern Länge neben- und aufeinandergestellt. So entstanden Außen- und Zwischenwände. Nachdem die Fugen mit Papier abgedichtet waren, bekam das Ganze eine Bespannung aus Jutesäcken und wurde verputzt. Das zweigeschossige Musterhaus in der Gartenstadt entstand im heutigen Ligusterweg, der damals noch Ligustergang hieß. Erster Bewohner war 1925 „ein Doktor Gaßmayer“, wie Stadtarchivar Stefan Mörz berichtet. Außer in Ludwigshafen entstanden auch andernorts „Schachtelhäuser“ aus Munitionskisten, etwa in Speyer. Dort wohnten ab Oktober 1921 vier Familien in dem „Schachtelhaus“, das wegen des Außen- und Innenputzes nicht als solches erkennbar war. Aber mit der Zeit wurde es zum „Geisterhaus“. Denn das Holz der Munitionskisten begann zu „schaffen“, sich knarrend zu bewegen. Der Verputz fiel ab – das Bauwerk begann, für seine Bewohner gefährlich zu werden. Das Speyerer Haus wurde 1939 abgerissen, der Keller mit seiner Betondecke blieb erhalten. Ob es sich in der Gartenstadt ebenso verhielt, ist ungewiss. Weder GAG noch Stadtarchiv, wissen was aus dem Musterhaus geworden ist. |wk

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