Ludwigshafen Akrobatik in einer Märchenlandschaft

Mit Artistik, Clownerie und Musik setzt Bernhard Paul auf die klassischen Elemente des Zirkus. Durch die moderne Umsetzung fasziniert seine Art des Zirkus Jung und Alt auch heute noch. Das aktuelle Programm „Winterträume“, das der Gründer des Circus Roncalli kreiert hat, ist eine wunderbare Mischung aus Akrobatik und Poesie in einer winterlichen Märchenlandschaft.

Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Wunder. Was die Artisten des Circus Roncalli im Mannheimer Rosengarten darboten, kam so manchem im Publikum wie ein Wunder vor: Seiltanzen auf einem Einrad, Balancieren auf einem Turm aus runden Zylindern und kleinen Kisten oder eine Jonglage mit fünf Fußbällen. Nicht nur Profifußballer können mit dem runden Leder zaubern. Man denke nur an den walisischen Fischer Andrew Cassidy, der mit seinem Internetvideo für Furore sorgte und dann durch die Telekom-Werbung einem breiten Publikum bekanntwurde. Doch er benutzt nur einen Ball. Jemile Martinez dagegen zeigte Ballkunst mit drei Fußbällen gleichzeitig und jonglierte am Ende mit fünf. Die Jonglage hat eine lange Zirkustradition, doch mit seinen Nummern gelingt es Martinez, die Verbindung in die Gegenwart herzustellen. Bei ihm wirkte sie wie ein Kinderspiel. Mit absoluter Leichtigkeit präsentierte sich auch Geraldine Philadelphia. Während so mancher schon Probleme hat, einen Hula-Hoop-Reifen um die Hüfte zu schwingen, nahm sie gleich sechs und balancierte sie mit Armen, Beinen und auf der Stirn – gleichzeitig. Und dann gibt es Artisten, die keine Hilfsmittel benötigen. Mit ihren harmonischen Schwebe- und Hebefiguren erweckte das Trio Laruss den Eindruck, dass Schwerkraft für sie keine Bedeutung hat. Das Besondere bei den ungarischen Akrobaten: Nicht nur der muskulöse Mann stemmt die beiden Frauen, genauso oft übernehmen die Frauen die tragende Rolle in der Menschenpyramide. Auch für den Pierrot Vitaly Ostroverkhov schien die Schwerkraft nicht zu gelten, als er mit seinem Einrad auf dem Seil fuhr und dabei mit Kegeln jonglierte. Die live eingespielte Begleitmusik des Roncalli Royal Orchestra, die weihnachtliche Winterlandschaft auf der Bühne und virtuose Lichteffekte machten die artistischen Darbietungen zu einem spektakulären Gesamtkunstwerk. Voller Kunst und Poesie waren auch die Auftritte von Christoph Müller als Kristalleon. Der silberne Harlekin ist ein Magier der Klänge. Wassergläsern entlockte er sphärische Klänge, die an Flötentöne erinnerten – und auch wieder nicht. Aufgelockert wurden die akrobatischen Nummer von den fünf Clowns, die sich auf einer Odyssee durch die Winterlandschaft befanden. Der weiße Clown möchte gerne heiraten, doch ein böser Zauberer hat seine Braut in einen Frosch verwandelt und der Schlitten ist verschwunden. Die Hilfe kommt am Ende durch Kristalleon, der ein Auto erscheinen lässt, so dass die Clownmeute doch noch zur Feier kommt. Da spielt es auch keine Rolle mehr, dass die Braut immer noch sehr grün ist und quakt. Besonders beeindruckend war die Show des Clown-Duos KGB. Dabei handelt es sich allerdings nicht um russische Geheimagenten. KGB steht in diesem Fall für die Kunst der Gestik und Bewegung. Edouard Neumann und Anatoli Akerman begeisterten das Publikum mit ihrer surrealen Tanzshow und bewiesen, dass sie nicht nur tolle Komiker, sondern auch begnadete Tänzer sind. Ihnen geht es nicht nur um Klamauk, sondern auch um die Ästhetik der Bewegung. Das Duo hebt mit diesem Konzept die Clownerie auf eine moderne Ebene. Die waghalsigste Nummer des Abends kam aus dem Hause Paul. Mit ihrer Rollschuhakrobatik stehen die drei Kinder von Roncalli-Gründer Bernhard Paul zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne. Adrian Paul ist normalerweise Teil des Orchesters, und Vivian Paul schwebt am Ring hoch oben im Zirkuszelt. Unterstützung bei ihrer Rollschuhakrobatik bekamen Vivian, Lili und Adrian Paul von Jemile Martinez. Lili Paul, die bereits zuvor als „Schlangenfrau“ beeindruckt hatte, zeigte, dass sie die Kontorsionskunst auch auf Rollschuhen beherrscht. Auf einem kleinen Podest und in atemberaubender Geschwindigkeit drehten sie sich in fantastischen Figuren.

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