Ludwigshafen Grüße von der Copacabana

Viviane de Farias mit ihren Begleitern auf der Bühne auf dem Lutherplatz in der Ludwigshafener Innenstadt.
Viviane de Farias mit ihren Begleitern auf der Bühne auf dem Lutherplatz in der Ludwigshafener Innenstadt.

„Bei uns steppt der Bär, während es in anderen Städten ruhig wird.“ Mit diesen Worten eröffnete Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg den 28. Ludwigshafener Kultursommer. Auf den Platz vor dem Lutherturm waren trotz des kühlen Wetters fast 200 Zuhörer gekommen, um die heiße südamerikanische Musik der brasilianischen Sängerin Viviane de Farias und ihrer Band zu genießen. Das Konzert war die erste von über 100 Veranstaltungen des Kultursommers, die in den kommenden elf Wochen über die Bühne gehen.

Gesteppt wurde an diesem Sommerabend zwar nicht, aber schwungvolle Samba- und Bossa-Nova-Klänge brachten das Publikum schon in Vorfreude auf den Kultursommer mit jeder Menge Jazz, Funk, Pop, Literatur, Ausstellungen und dem Straßentheater-Festival als Höhepunkt. Dabek kann man außergewöhnliche Spielorte wie das Müllheizkraftwerk oder Weltkriegsbunker kennenlernen. Auch der Inselsommer auf der Parkinsel ist wieder mit dabei. Die Eröffnung mit dem ersten Konzert der Reihe „Jazz am Turm“ auf dem Platz des ehemaligen Kirchenschiffs der Lutherkirche im Herzen der Innenstadt machte schon mal Lust auf mehr. „Rio de Janeiro, Chicago und Ludwigshafen on Top“, kommentiert Kulturdezernentin Reifenberg die Karriere von de Farias in der humorvollen Ankündigung. Von Stimmungen und Erinnerungen an ihre Heimatstadt Rio erzählte die Sängerin, die inzwischen in Karlsruhe lebt. „A felicidade“, ans Glück erinnerte das erste Stück. Ihre Band hatte sich zuvor mit einem furiosen Samba, „Let’s vamos“ vorgestellt: An der Gitarre der bayerische Jazzprofessor Cornelius Schmidkunz alias Paulo Morello, an Saxophon und Querflöte der Däne Kim Barth, dazu Tizian Jost am Piano, Eduardo „Dudu“ Penz am Bass sowie am Schlagzeug Pius Baschnagel. Der Zürcher Drummer vertrat den ausgefallenen Mauro Martins und spielte zum ersten Mal mit der Combo. Hätte de Farias ihn nicht in einer ihrer charmanten Ansagen als Neu-Zuwachs vorgestellt, hätten es die Zuhörer angesichts seiner elegant swingenden Begleitung gar nicht gemerkt. Die Gruppe vermischt brasilianische Musiktradition mit freien Improvisationen. Viele Texte, die zum Teil auch politisch sind, hat de Farias verfasst. Etliche der Kompositionen stammen von Paulo Morello. Sie lassen die facettenreiche Stimme der Frontfrau voll zur Geltung kommen. Im mitreißenden „Samba Un“ lässt die Sängerin, die als 20-Jährige als lyrischer Sopran an der Staatsoper in Rio anfing, ihre stimmlichen Fertigkeiten schillern. Barth bläst Flöte und Saxophon oft sanft und gefühlvoll. Mit flinken Fingern liefert er aber auch expressive Flötensoli. Auch Jost zeigt am Piano beeindruckende Alleingänge. Mit viel Applaus belohnte das Publikum die Gitarren-Soli von Morello. Auch Penz am Bass kann das Publikum ohne die anderen Musiker mitreißen. Er singt sein Solo mit. Zur Erheiterung des Publikums schlug alle Viertelstunde die Turmuhr in passenden oder unpassenden Momenten. Die Zeit vergeht schnell bei Samba und Bossa Nova. Auch „Un Valse“, ein Walzer, war im Programm. An Jobim und Gilberto erinnert die Band, aber auch an den ungarischen Gitarristen Kosta Lukacs. Vor dessen „Song for my Little Daughter“ erzählt de Farias von Erinnerungen an sonntägliche Nachmittage an der Copacabana: „Das Licht fällt durch die Palmen, überall lassen die Leute kleine Radios laufen, meistens um Fußballspiele zu verfolgen, es sind Hunderte von kleinen Radios“. Für die kommenden Wochen des Kultursommers, der in Konkurrenz zur Fußballweltmeisterschaft steht, ist das aber keine gute Idee. In die Füße und ins Herz geht nach Ansicht de Farias der „Baião“, ein Stück von Eumir Deodato mit dem erdigen Rhythmus aus dem Nordosten Brasiliens. Nur der Kopf bleibt frei. Obwohl die Combo dem Publikum kräftig einheizte, wurde es manchem Zuhörer im Laufe des Abends etwas. Da kamen die hellblauen Decken, welche die Wirtsfamilie Montana vom Ristorante Torre da Angelo neben Speisen und Getränken anbot, gerade recht. Einige waren daher schon auf dem Weg in die warme Wohnung, als die Band kurz nach zehn noch eine Zugabe spielte. Der Kultur-Sommer in Ludwigshafen hat vielversprechend begonnen.

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