Landau Südstern distanziert sich von Ausgrenzungen

Um Liebe und Toleranz geht es auch bei vielen Paraden, die weltweit für Aufmerksamkeit sorgen, hier eine Szene der Pride-Parade
Um Liebe und Toleranz geht es auch bei vielen Paraden, die weltweit für Aufmerksamkeit sorgen, hier eine Szene der Pride-Parade in Budapest.

Mitten in der Sommerpause meldet sich das Haus Südstern in Landau zu Wort und gibt seine Einschätzung zur Auseinandersetzung um die Er-lebt-Gemeinde ab. Es sei nicht vertretbar, aus den wenigen Bibelstellen eine Ablehnung der Homosexualität abzuleiten.

Seit Wochen schwelt der Konflikt zwischen Landaus Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) und der Evangelischen Allianz in Landau. Nun hat sich das christlich geprägte Haus Südstern öffentlich geäußert. In der am Sonntag auf Facebook und Instagram veröffentlichten Stellungnahme unterstreichen Vorstand und Leitung des Teamgeist-Bereichs, sie seien davon überzeugt, dass Gott sich über jede Form der aufrichtigen Liebe in vielfältigen Beziehungen freue.

Landaus Oberbürgermeister Dominik Geißler hatte die Zusammenarbeit mit der Evangelischen Allianz wegen deren Positionen zu den Themen Homosexualität, sexuelle Identität und Konversionstherapie (Umerziehung von Homosexuellen zu Heterosexuellen) aufgekündigt. Zur Evangelischen Allianz zählt die 1994 gegründete Er-lebt-Gemeinde in der Marie-Curie-Straße, die Auslöser der Differenzen war, aber eben auch das Haus Südstern in der Weißenburgerstraße. Geißler hat Positionen des Leitungskreises der Er-lebt-Gemeinde, vor allem von Pastor Denis Grams in einer Predigt am 5. Februar, als homophob bezeichnet. Er hat die Zusammenarbeit der Stadt mit den Organisationen beendet, bis diese die kritisierten Positionen revidieren.

„Queerulanten“ willkommen

Das Haus Südstern erinnert daran, dass seine soziokulturelle Begegnungsstätte von Christen gegründet worden sei und allen Menschen offen stehe, unabhängig von Glauben, Herkunft oder sexueller Orientierung. In der Vergangenheit habe das Haus sehr gerne auch eine Veranstaltung der Hochschulgruppe „Die Queerulanten“ für sexuelle Vielfalt in Landau ermöglicht, unterstreichen Rahel und Armin Schowalter, Rebekka und Ulrich Stoll, Nina Mayer-Hagelkrys und Kaspar Mayer, Andrea und Axel Lodyga, Philip Klich und Jonatan Mutschmann.

„Der Fokus liegt von Beginn an auf dem Menschen und seiner aktuellen Lebenssituation. Dies hat Jesus par excellence selbst vorgelebt. Diesem Beispiel wollen wir folgen.“ Der Verein ist überzeugt, dass alle Mitglieder der Evangelischen Allianz ebenso dem Vorbild Jesus folgen wollten, was an ihrem Einsatz für das Allgemeinwohl zu erkennen sei.

Die Lesart entscheidet

Dennoch komme man beim Thema der Homosexualität zu gänzlich anderen Positionen als die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) und Teile der Evangelischen Allianz (EAL) in Landau. „Alle fünf Stellen im biblischen Kanon, denen man einen Bezug zu Homosexualität nachsagt, verbindet der tragische Makel der Undeutlichkeit.“ Nehme man die Klarheit der Bibel als Wort Gottes in Kernaussagen zum Beispiel zur Feindesliebe, dem Wort vom Kreuz, dem Bekenntnis zum Glauben oder der Überwindung des Bösen durch das Gute, könne man beim Thema Homosexualität nachdenklich werden, heißt es in der Stellungnahme. „So gehen alle ursprünglich vom Autor verwendeten Begriffe entweder mit einem unguten Machtgefälle einher oder sprechen über homosexuelle Kontakte von Männern, die mit Frauen verheiratet sind und ihnen somit untreu werden. Nichts davon stellt unserer Meinung nach einen Bezug zu monogamen Liebesbeziehungen her, wie wir sie heute vielfach in gelebter Homosexualität kennen.“

Letztlich entscheide allein die Lesart des Übersetzers oder die eigene Lesart, ob in den Texten Homosexualität pauschal abgelehnt oder ob christliche Sexualmoral unabhängig vom Geschlecht proklamiert werde. Sexpartys, lose Affären, Pornoindustrie und Prostitution sind nach Meinung der Glaubensgemeinschaft des Südstern nicht vereinbar mit der biblischen Ethik. Im Gegenteil. Es gelte aber auch: „Durch die eine Lesart wurden und werden viel zu viele Schwule und Lesben direkt oder indirekt aus Gemeinden gedrängt.“ Eine umfängliche partnerschaftliche Lebensplanung werde vielerorts leichtfertig verwehrt. „Wir lehnen dies ab und distanzieren uns von den ausgrenzenden Schlussfolgerungen dieser Lesart.“ Da Jesus das gesamte Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe mit keiner Silbe erwähne, bekomme durch ihn niemand auch nur den kleinsten Impuls, Homosexualität abzulehnen.

Für Debatte dankbar

Deshalb ist der Verein Haus Südstern Oberbürgermeister Geißler dankbar, das Thema prominent auf die Agenda gesetzt zu haben. Dadurch habe man sich intensiv mit der Thematik befasst und Standpunkte hinterfragt. Damit das gute Ansinnen nun nicht als Strohfeuer verpuffe, erwartet Südstern von der Stadtverwaltung, denselben Maßstab bei allen Organisationen anzulegen, konfessions- und religionsübergreifend. Werde lediglich an einer kleinen Gruppierung ein Exempel statuiert, sei das reiner Populismus und helfe niemandem. Beispiele möchte Armin Schowalter auf Nachfrage nicht nennen. Wenn sich aber der Oberbürgermeister Veröffentlichungen von kirchlichen oder säkularen Gruppen anschaue, werde er Beispiele finden. „Wird das geduldet oder nicht?“, fragt Schowalter.

Das Haus Südstern werde die Evangelische Allianz in Landau nicht verlassen, denn „uns liegt viel am Dialog miteinander“. Man wolle intensiv für die umfassende Annahme vielfältiger Liebesbeziehungen einstehen. Jesus, Paulus und der Heiligen Schrift im Allgemeinen gehe es um einen Zustand göttlicher Greifbarkeit im Lebensalltag der ganzen Schöpfung. „Nur Liebe und Segen. Das treibt auch uns an.“

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