Landau Keine Entspannung in Sicht

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„Flüchtlingssituation“ ist derzeit wohl der meistgenannte Tagesordnungspunkt bei Versammlungen, (nicht nur) wenn es um Verwaltungsaufgaben geht. Auch beim jüngsten Treffen des Sozialausschusses nahmen Informationen über den aktuellen Stand der Neuankömmlinge, die in Deutschland um Asyl bitten, großen Raum ein.

„Im Jahr 2008 kamen bundesweit 28.000 Flüchtlinge in Deutschland an“, berichtete Sozialamtsleiter Hans Joachim Malo, „im Jahr 2010 waren es 50.000, drei Jahre später 130.000 und im vergangenen Jahr 200.000“. Lautete die Prognose Anfang dieses Jahres noch ebenfalls 200.000, so war bereits im November die Millionengrenze erreicht. „Für 2016 gibt es keine Prognose mehr“, ergänzte der Ausschussvorsitzende, Bürgermeister Thomas Hirsch (CDU), und versprach: „Wir sind dezernatsübergreifend im Austausch, um die Situation zu bewältigen.“ 15 bis 20 Flüchtlinge kommen nach seinen Angaben derzeit pro Woche in Landau an. Die Menschen stammen aus Syrien, Afghanistan, Serbien, Albanien und dem Kosovo. Die drei letzten gelten inzwischen als sichere Herkunftsländer. Die Chance, dass Menschen von dort Asyl gewährt wird, sind also gering. Die bisher rund 550 der Stadt zugewiesenen Asylbewerber konnten weitgehend in rund 220 Privatwohnungen untergebracht werden und können sich selbst versorgen. „Bis zum Jahresende werden es mehr als 600 sein“, rechnete Malo vor. Wie berichtet, wird inzwischen die Rundsporthalle als Übergangs-Wohngelegenheit für Flüchtlinge vorbereitet. Für den Lebensunterhalt bekommt ein Asylbewerber als Haushaltsvorstand 359 Euro, ab 2016 gibt es fünf Euro mehr. Dass dieser Betrag rund 40 Euro unter dem Hartz-IV-Satz liegt, erklärte Malo damit, dass man von Arbeitslosengeld-II-Beziehern erwarte, dass darin zum Beispiel Ausgaben für kleinere Reparaturen enthalten seien. Solche Kosten entstünde Asylbewerbern nicht. Asylbewerber mit abgeschlossenem Verfahren erscheinen in der Statistik des Sozialamtes nicht, da sie mit diesem Status in die Zuständigkeit des Jobcenters wechseln. Dort sei die jahrelang stabile Zahl von rund 1200 Bedarfsgemeinschaften mit den Neuankömmlingen auf mehr als 1400 gestiegen. Obwohl die Kostenerstattung von 513 Euro pro Flüchtling ab 1. Januar auf 848 Euro angehoben wird, entstehe der Stadt ein Defizit von 220 Euro pro Kopf und Monat. „Im Nachtrag zum laufenden Haushaltsjahr waren 2,9 Millionen allein für die Flüchtlinge vorgesehen, für das Jahr 2016 sind wir bei 6,4 Millionen Euro“, berichtete Malo. „Ausdrücklichen Dank“ sprach Bürgermeister Hirsch den Ehrenamtlichen aus, „die mit kleinen Taten helfen oder mit großem Engagement sich aufopfernd für die Neuankömmlinge einsetzen“. „Wir werden versuchen, das in der Verwaltung zu steuern“, versprach Hirsch und erklärte, dass eine Stelle allein zur Koordinierung der Ehrenamtlichen-Projekte geschaffen werde, „denn diese Herausforderung an die Gesellschaft wird auch in Zukunft auf das Ehrenamt angewiesen sein“. Vier der acht zur Bewältigung der Situation neu zu besetzenden Stellen (wir berichteten) in der Stadtverwaltung sind beim Sozialamt angesiedelt. Unter anderem bekommt Sofia Berlin zur pädagogischen Betreuung der Flüchtlinge Verstärkung um eine halbe Stelle. „Die Situation wird uns alle noch lange beschäftigen“, stellte Hirsch abschließend fest. Hans Joachim Malo wird kaum noch davon betroffen sein, denn Bürgermeister Thomas Hirsch verabschiedete den Sozialamtsleiter aus dem Sozialausschuss, weil Malo in wenigen Wochen in die Passivphase der Altersteilzeit wechselt. Der Bürgermeister dankte dem Scheidenden für seine Verlässlichkeit und zollte ihm Anerkennung als wichtigem Partner und Mitarbeiter in allen Gremien der Stadt, auch wenn er ab und an ein harter Verhandlungspartner gewesen sei. (srs)

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