Landau Goldene Hochzeit fällt flach

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Sein Eifersuchtswahn hat einen 76-Jährigen aus Landau auf die Anklagebank des Landgerichts gebracht. Zweimal soll er seine Frau krankenhausreif geschlagen haben. „Ein außergewöhnlicher Fall“, stellt der Vorsitzende Richter Helmut Kuhs in der Urteilsbegründung fest, und meint das Alter des Angeklagten und das Ausmaß der häuslichen Gewalt. Dennoch erkennt er auf Freispruch.

Der Angeklagte wird 1940 in der Ukraine geboren. Als junger Mann feiert er sportliche Erfolge im Eisschnelllauf, wodurch er Vergünstigungen beim Studium bekommt. 1965 schließt er sein Hochschulstudium ab. In einem Elektromaschinenwerk leitet er viele Jahre eine Abteilung. 1990 siedelt er nach Deutschland über, weil seine Brüder bereits hier wohnen. Schnell bekommt er Arbeit und und behält sie bis zum 75. Lebensjahr.

Das Leben sei unerträglich gewesen

1966 lernt der Mann seine Frau kennen und heiratet sie im selben Jahr. Das Paar hat zwei erwachsene Töchter, die in Deutschland leben. Bereits in der Sowjetunion war er eifersüchtig, gibt der 76-Jährige vor Gericht an. Er habe geglaubt, dass die jüngere Tochter nicht von ihm sei. Als er jetzt einen Vaterschaftstest verlangt und seine Tochter dies ablehnt, nährt der Verdacht seine Eifersucht. Konkrete Hinweise, dass seine Frau fremdgehe, habe er nicht gehabt.

Immer wieder diese Eifersucht

Für seine 73-jährige Ehefrau, so sagt sie aus, ist das Leben mit den Jahren unerträglich geworden. Ihr Mann habe sie kontrolliert und ihr vorgeschrieben, welchen Weg sie zum Beispiel zum Einkaufen zu nehmen habe. Häusliche Gewalt habe es immer gegeben. „Ich habe es erduldet, weil ich hier niemanden habe“, sagt die Lehrerin. Dabei läuft zunächst alles mehr oder weniger normal. Jede Woche gehen sie ins Seniorentanzcafé. „Er hat goldene Hände“, berichtet die Frau vor Gericht, könne alles reparieren und helfe Nachbarn. Aber immer wieder diese Eifersucht. 2014 zieht sie deshalb acht Monate lang aus. Doch sie verzeiht ihm und kommt zurück.

Zahlreiche Hämatome

Nicht lange danach äußert sich die Eifersucht wieder in Schlägen. An zwei Tagen im Frühjahr 2016 ist er so brutal, schlägt und tritt sie, dass sie sich aus der Wohnung schleicht und zur Polizei geht. Im Krankenhaus stellen die Ärzte viele Hämatome fest. „Heftige Gewalt“ erkennt eine Rechtsmedizinerin. Eine Woche bleibt die Ehefrau im Frauenhaus und wird dann in ihre Wohnung gebracht. Der Verurteilte lebt heute in einer Eigentumswohnung. Beide, die 50 Jahre verheiratet sind, sind jetzt Freunde. Sie gehen zusammen spazieren oder gemeinsam essen. Als Paar wollen sie nicht mehr leben, aber scheiden lassen wollen sie sich auch nicht. „Die goldene Hochzeit fällt flach“, heißt es, denn sie können sich keine Feier vorstellen.

Von dem Mann gehe keine Gefahr mehr aus

Der Eifersuchtswahn des Mannes ist eine anhaltende seelische Störung, sagt die forensische Gutachterin Eva Biebinger. Sie verweist auf die Dauer des Wahns, wie ausgeprägt, diffus und grundlos er sei. Dazu komme Alkoholmissbrauch, auch wenn der 76-Jährige nicht süchtig sei. Psychiater Michael Noetzel kommt zum gleichen Schluss. Der Eifersuchtswahn sei aber inzwischen in den Hintergrund getreten. Die beiden Experten sind überzeugt, dass von dem Landauer keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe. „Es kann nicht sein, dass in einer Zweierbeziehung kein Rechtsschutz des Staates besteht“, betont der Vorsitzende Richter die Tragik des Falls. Die Dritte Strafkammer lehnt es jedoch ab, den Mann in einem psychiatrischen Krankenhaus einzuweisen. Weil er schuldunfähig ist, kann er für die Körperverletzungen nicht bestraft werden.

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