Landau Durstige Skulpturen

Wein inspiriert, Wein aktiviert, Wein überrascht – nicht nur auf der Zunge, sondern auch in der Kunstszene. In Oberotterbach hat der Mailänder Attilio Tono am langen Weinfest-Pfingstwochenende seine außergewöhnlichen Kunstobjekte vorgestellt – ganz im Zeichen des Weines.

Dass alkoholische Getränke nicht nur schmecken, sondern auch kreativ eingesetzt werden können, beweist nicht nur Musiker Udo Lindenberg. Der Deutsch-Rocker malt seine „Likörelle“ mit Likör statt Acrylfarbe. Passend zur Region standen die am vergangenen Wochenende in Oberotterbach ausgestellten Kunstwerke des Italieners Attilio Tono mehr im Zeichen des Weines. Der Mailänder lässt mit hochwertigen Tropfen und Skulpturen aus Plaster, eine Art Gipsstein, Elemente neu entstehen lässt. Gleich sechs seiner Kunstobjekte hatte Tono in Szene gesetzt: drei in den Räumlichkeiten des Weingutes Beck, drei weitere unter anderem im wunderschönen Barockgarten des Hotel/Restaurant Schlössel. Die Besucher konnten mehr als gespannt sein, denn der Künstler kreiert seine Stücke mit den Farben des Weins, eingegossen in einen porösen Gipsstein. So lässt er neue Elemente starker Intensität entstehen. Der Wein – in den meisten Fällen edler Rotwein – wird von ihm behutsam in den Stein eingeträufelt. Durch dieses Zusammenspiel entwickelt sich eine eigene Kreation. Der Wein bahnt sich seinen Weg durch den Stein, dringt in alle porösen Stellen ein und breitet sich ringförmig und eigenwillig in seiner eigenen Farbensprache aus. Alternativ badet Tono den Stein in Wein und lässt ihm so uneingeschränkte Möglichkeiten sich frei zu entfalten. Dadurch entstehen neue Formen der Kunst und eine Art Mischwelt im Auge des Betrachters. Die in Wein getränkten Arbeiten des Künstlers bieten dem Betrachter Raum, seine eigene Sinneswelt zu entdecken, sei es mit dem Auge oder der Nase. Mit einem Glas des gleichen Weines, der sich im Kunstobjekt befindet, lässt es sich mit allen Sinnen genießen. 14 verschiedene Weine verwendet der Künstler. „Die Erfahrung zeigt, das ein Pinot Noir die für mich besten Ergebnisse erzielte. Alles was den Wein ausmacht, seine Sinnlichkeit, seine Schwere oder auch sein Genuss, spiegelt sich in der Arbeit mit ihm wider. Weißwein oder ein Rosé erreichen diese emotionale Ebene nicht. Sie verewigen sich im Stein blass und zart“, erklärt Tono. Künstlerberater Nikolas Gleber-Beck aus Berlin ist von den Objekten fasziniert: „Wir lernten uns im letzten Jahr in Berlin kennen und seine Kunst gefiel mir auf Anhieb. Ich fragte ihn einfach, ob er Lust habe, während des Weinpfingstfestes in Oberotterbach seine Skulpturen auszustellen. Denn wo gibt es einen schöneren Platz, solche Weine in Stein-Variationen auszustellen? Nur dort, wo Wein entsteht und genossen wird.“ Das Aufstellen und Präparieren der Skulpturen wird vom sechsjährigen Bruno, Gleber-Becks Neffen, beobachtet. Nachdem der Künstler den Stein befüllt und schon erste aufeinander abgestimmte Farbringe entstanden sind, erkundigt er sich genauer: „Was soll ich denn jetzt darin sehen?“ Gleber-Beck empfiehlt: „Lass deiner Phantasie freien Lauf. Denn“, so fügt er noch hinzu, „Kunst ist der beste Mittler zwischen den Welten.“ Ausgestellt hat Tono, der jeweils ein Atelier im Zentrum Mailands und in Berlin-Lichtenberg besitzt, unter anderem das „Weincapitol“. Die Säulen-Skulptur, etwa 41 auf 90 Zentimeter groß, ist von oben befüllbar. Etwa 15 Liter edlen Rotwein verschlingt das Objekt, bis nach drei bis vier Tagen ein intensives Farbenspiel zu sehen ist. Die Skulptur „Pentagram“ ist noch etwas größer und ist dementsprechend auch durstiger. Den Farbeffekt des Rotweins auf dem des weißen Plastersteins erreicht Tono mit 30 Flaschen, in denen er den Stein badet. „Wichtig ist, aufmerksam und neugierig zu bleiben“, verrät der Künstler das Geheimnis seiner Kreativität.

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