Landau Alle Vögel sind noch da

„Ich hasse sie“: Mit selbst gebastelten Schildern berichten die Kinder von ihren Erlebnissen mit den pechschwarzen Vögeln.
»Ich hasse sie«: Mit selbst gebastelten Schildern berichten die Kinder von ihren Erlebnissen mit den pechschwarzen Vögeln.

„Wir wollen die Krähen nicht mehr hören, weil sie uns beim Lernen stören“, schallt es am Dienstagvormittag über den Landauer Rathausplatz. Das Interesse der Marktbesucher haben die rund 100 Kinder Pestalozzi-Grundschule sicher. Unter Polizeischutz geht es in Zweierreihen über die Kreuzung an der Waffenstraße in Richtung Markt. Auch das Rhein-Neckar-Fernsehen und das Radio sind da, um die Protestaktion zu begleiten. „Ich kann doch nichts dafür – hilf mir beim Umzug“, sagt eine Krähe auf einem der zahlreichen Schilder, die die Kinder selbst im Unterricht gestaltet haben. An der freiwilligen Aktion hätten auch nur die Schüler mitgemacht, die sich tatsächlich von den Krähen gestört fühlten, berichtet Schulleiterin Nadja Jakobs. Der Großteil des Kollegiums begleitete die Kinder und protestierte lautstark mit. „Unser Wunsch ist es, nicht vergessen zu werden“, sagt Jakobs. Wie am Montag berichtet, hat die Pestalozzi-Grundschule enorm mit der Lärmbelästigung zu kämpfen, auch Teile des Schulhofs mussten aufgrund der starken Vogelkot-Verschmutzung gesperrt werden. Warum anderswo gehandelt werde und die Grundschule außen vor bleibe, kann sich an der Grundschule niemand erklären. Passanten können den Ärger nachvollziehen. „Sau gut“, kommentieren einige und recken den Daumen in die Höhe. „Ich hab’s gestern erst in der Zeitung gelesen“, sagen andere. Nach einem kurzen Schauspiel und „Kräh“-Rufen gibt es sogar Beifall vorm Café Segafredo. „Kinderschutz vor Krähenschutz“, rufen die Schüler. Dann geht’s weiter. „Ich hätte mir gewünscht, dass jemand am Rathaus ans Fenster kommt“, sagt Jakobs. Die Stadt hat auch so Verständnis für die Schule, weist aber darauf hin, dass es bei der Vergrämung von Saatkrähen einen langen Atem brauche. Dies würden unzählige Beispiele aus dem gesamten Bundesgebiet und auch vor Ort zeigen. In der Vergangenheit habe man bereits schlechte Erfahrungen mit Einzel-Aktionen gemacht, die die Aufsplittung einer Kolonie zur Folge hatten. Heute wisse man es besser: „Einzellösungen sind nicht erfolgsversprechend und im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv“, betont Beigeordneter und Umweltdezernent Rudi Klemm. „Werden die Saatkrähen punktuell gestört, sei es durch das Kappen von Bäumen oder andere Vergrämungsmaßnahmen, so splittet sich die Kolonie auf und sucht sich alternative, weniger gut geeignete Standorte, die sie sonst mit großer Wahrscheinlichkeit gemieden hätte“, sagt auch Umweltamtsleiter Markus Abel. „Da die Vögel aber über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügen, kann – und wird – es passieren, dass einige von ihnen nach Jahren wieder zum alten Standort zurückkehren.“ Dann, so Abel, habe man das Problem potenziert – so geschehen auch vor einigen Jahren beim Zurückschneiden der Bäume an der Pestalozzi-Grundschule. Für eine erfolgreiche Vergrämung aus der Innenstadt brauche man stattdessen ein umfassendes Konzept. Daher sei man dabei, ein auf die Situation in Landau abgestimmtes Gesamtkonzept zu erstellen, teilt die Stadt mit. Das beauftragte Ingenieurbüro aus Kaiserslautern erarbeitet unter anderem mögliche Vergrämungsmaßnahmen und Ausweichräume sowie eine Kostenschätzung. Die Ergebnisse sollen nach der Sommerpause im städtischen Umweltausschuss präsentiert werden. „Die Gretchenfrage wird die nach den Kosten einer Umsetzung sein“, ist Klemm überzeugt. Für die Erstellung des Fachkonzepts habe man 6000 Euro in den aktuellen Haushalt eingestellt. „Wir haben Verständnis für die Situation der Anwohner, Schüler sowie Lehrkräfte, die unter dem Lärm und Dreck der Saatkrähen leiden“, ergänzt Klemm. „Da die Vögel aber streng geschützt sind, müssen wir uns an die Regeln halten.“ Der Weg, den man nun gehe und von dem man sich eine langfristige Lösung des Saatkrähen-Problems erhoffe, erfordere viel Geduld und starke Nerven. „Ich bitte die Landauer darum, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen“, sagt Klemm. „Eine Lösung kann nur mit vereinten Kräften gelingen.“ Internet Wer die Schüler-Demo verpasst hat, kann sich diese in der Mediathek des RNF unter www.rnf.de ansehen. Gestern Abend wurde der Bericht ausgestrahlt.

Hungrig: eine Saatkrähe.
Hungrig: eine Saatkrähe.
x