Kreis Südwestpfalz Backofen, Bürgerbus, Leerstandskataster

Der ländliche Raum hat ein großes Entwicklungspotenzial. Das sollte unter Beteiligung der dort lebenden Menschen und durch Förderung der EU stärker ausgeschöpft werden. Darüber waren sich am Donnerstag in Wallhalben Vertreter der Verwaltung und Bürger einig. Eingeladen hatte die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Pfälzerwald plus.

Die Leader-Aktionsgruppe Pfälzerwald hatte in der ausgelaufenen EU-Förderperiode viele Projekte ins Leben gerufen. Nun sollen für den Förderzeitraum 2014 bis 2020 für ein erweitertes Gebiet erneut europäische Gelder fließen. Zur Bewerbung gehört eine Lokale Integrierte Ländliche Entwicklungsstrategie (LILE), die mit den Bürgern erarbeitet werden soll. Nach der Auftaktveranstaltung am 11. Oktober in Dahn hatte die LAG zu diesem ersten Themenabend eingeladen. In Arbeitsgruppen machten sich die 25 Teilnehmer Gedanken über „Leben und Arbeiten in der Region“. Sie diskutierten über Schwächen, Stärken und Entwicklungspotenziale ihrer Heimat. Am Ende des Workshops konnten durchaus brauchbare Ergebnisse präsentiert werden. Jürgen Herzog, zweiter Beigeordneter der Verbandsgemeinde Thaleischweiler-Fröschen/Wallhalben, wies auf zwei Voraussetzungen hin: Dorfentwicklung, Wirtschaft und Generationen seien besser miteinander zu verflechten, und eine professionelle und effiziente Förderung sei nötig. Um eine hohe Umsetzungsenergie zu erreichen, müssten die Ziele, Wege und Strategien direkt vor Ort und mit den wichtigsten Akteuren gemeinsam entwickelt werden, führte Christian Plöhn vom beauftragten Büro Entra aus Winnweiler aus. Die Gesellschaft wird bis Ende Januar auf Grundlage der Bürgergespräche die Entwicklungsstrategie erarbeiten. 1,75 Millionen Euro könnten bei Anerkennung als Leader-Region in Brüssel abgerufen werden. Die Analyse der Schwächen brachte bekannte Probleme hervor. Als Eltern ständen er und seine Frau abends öfters am Fenster, weil es keinen ordentlichen öffentlichen Personennahverkehr insbesondere für die Jugend gebe, erzählte Horst Wonka, Bürgermeister in Nünschweiler. Man könnte sich privat organisieren, meinte Nina Burkhardt aus Oberschlettenbach mit rund 135 Einwohnern. „Aber nicht in einem größeren Ort, wo die Hälfte der Bürger in den letzten fünf bis zehn Jahren zugezogen ist“, so Wonka. „Die Neubürger bekommt man gar nicht zu greifen.“ Der Geiselberger Bürgermeister Georg Spieß verwies auf den „Roderich“. In Rodenbach fahre mit Erfolg seit 1997 ein Bürgerbus, der vor allem Senioren zum Einkaufen und zu Arztbesuchen transportiere. Spieß schlug vor, ein Leerstandskataster zu erstellen – mit Blick auf Wallmerod im Westerwald, dem landesweiten Vorbild für die Ortskern-Erneuerung. Seit 2004 würden in der Verbandsgemeinde keine neuen Bauplätze mehr ausgewiesen. Über 90 junge Familie habe die Gemeinde mit einem attraktiven Förderprogramm in die Dörfer gezogen. Zwei Drittel der Bausubstanz sei saniert, ein Drittel abgerissen und die Lücken durch Neubauten geschlossen worden. „Wir müssen auch an den Rückbau und Umbau öffentlicher Gebäude denken“, brachte Berthold Martin, Bürgermeister von Wallhalben, ins Gespräch. Man brauche künftig nicht mehr alle Schulen. Frank Laborenz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz in Kaiserslautern wies darauf hin, dass seine Dienststelle auch Dorfflurbereingungen plane. Durch Austausch von Grundstücken ließe sich oft der Charakter einer Gemeinde erhalten. Um die Gemeinschaft von Jung und Alt zu fördern, präsentierte Jean-Claude Lickteig von der gleichnamigen Bäckerei aus Donsieders das „Backofenprojekt“. Die Aktivgruppe „Donsieders – wie gewachsen“ ist dabei, das alte Backhaus mit dem funktionsfähigen Backofen zu restaurieren. Man wolle zeigen, wie man früher Brot gebacken hat. „Die Bewusstseinsbildung könnte man auch mit anderen Berufen machen“, so Lickteig. Durch Mehrgenerationen-Gespräche habe man im Dorf das Interesse an der Vergangenheit geweckt. Dass die DSL-Versorgung und die Engpässe bei der Grundversorgung nicht außer Acht gelassen werden dürfen, erwähnte Silvia Seebach, Verbandsbürgermeisterin von Pirmasens-Land. „Das größte Problem ist, dass es keine Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort gibt“, bedauerte Axel Walther, Apotheker und Hofladenbetreiber aus Vinningen. Es müsste verstärkt die Verbindung von Lebensgrundlage und Nutzung der Landschaft unterstützt werden. Er denke an Fremdenverkehr, Gastronomie und Holznutzung. Der Pfälzerwald fordere dies geradezu. (murr)

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