Kreis Südliche Weinstraße Ungeschminkte Worte zum Abschied

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In der Kirche St. Josef in Annweiler wurde am Sonntagnachmittag so manch eine Träne tapfer hinuntergeschluckt oder verstohlen weggewischt. Herzlich und emotional verabschiedete die Groß-Pfarrei Heilige Elisabeth in einem Gottesdienst ihren Pfarrer Gerhard Kolb nach zehnjährigem Wirken. Er wechselt zum 1. September als Kooperator nach Dudenhofen in die Pfarrei Heilige Hildegard von Bingen.

„Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft.“ Diesen Satz aus dem Hebräerbrief wählte sich Pfarrer Kolb als Einstieg in seine Predigt und machte dabei deutlich, dass man als Pfarrer heute einen festen Glauben und ganz viel Standfestigkeit brauche. Kolb erinnerte an seine Erstkommunion 1965, als man zehn Minuten vor der Zeit in der Kirche sein musste, um einen Sitzplatz zu erhalten. Heute sei daraus eine „kleine Herde“ geworden. Damals sei es sein größter Wunsch gewesen, Priester zu werden. Da sei man gebraucht worden. Diener des Heiligen zu sein, das sei damals das Höchste gewesen und sei es für ihn auch heute noch, sagte Pfarrer Kolb, zu dessen Großpfarrei 8300 Katholiken in elf Kirchenstiftungen zählen. Am Anfang gehörten Annweiler und Wernersberg dazu, im Laufe der Zeit kamen Gossersweiler, Stein, Silz, Waldhambach, Waldrohrbach, Völkersweiler, Ramberg, Eußerthal, Albersweiler und Dernbach hinzu. Der scheidende Seelsorger nutzte die Predigt zu einer ungeschminkten Situationsbeschreibung. Heute müsse er sich nach der langen Anfahrt zu den Kirchen in den Gemeinen stets mit bangem Herzen die Frage stellen, ob ein paar Leute da sein werden. Bei der Taufe frage er sich, ob er das Kind und seine Eltern vor der Erstkommunion noch einmal zu sehen bekomme. Mit einem Kirchenaustritt tue man ihm richtig weh. Gut tue es, wenn ein Brautpaar auch nach der Hochzeit noch im Gottesdienst zu sehen sei oder ihn in Glaubensfragen um Rat frage. Als Pfarrer habe er aber auch immer häufiger bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen mit Menschen zu tun, die aus der Kirche ausgetreten seien, um die Kirchensteuer zu sparen. Er sprach von „Patchwork-Religion“: ein bisschen Christentum, ein bisschen Buddhismus, ein bisschen Esoterik. Kolb verbarg nicht seine Enttäuschung über Mitbrüder, die sich an Kindern vergriffen und alles Heilige in den Schmutz zögen. Schließlich setzte er sich mit der Rolle des Pfarrers heute auseinander. Um Kirchen und Pfarrheime zu renovieren, um Kitas zu verwalten, um Kollekten zu zählen, Pfarrhäuser und Pfarrheime zu verkaufen, brauche man das Zölibat nicht. „Ich hoffe, dass das auch die Macher der Reform 2015 endlich kapieren und den Pfarrern Menschen zur Seite stellen, die ihnen die Verwaltungsarbeiten abnehmen, damit wir wirklich zu 100 Prozent als Priester und Seelsorger arbeiten können.“ Der 60-Jährige dankte allen, die ihm zur Seite gestanden und die Pfarrei gestützt hatten. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Gruppe „Nikodemus“ aus Freinsheim, der früheren Pfarrei von Pfarrer Kolb. Madeleine Bock, Vorsitzende des Pfarreirats, dankte Pfarrer Kolb für seinen aufopferungsvollen Dienst. Sein seelsorgerischer Beistand, das theologische Wissen, seine Begabung, biblische Botschaften in eine moderne Sprache zu kleiden, seien sehr geschätzt gewesen. Jeder habe gespürt, dass Pfarrer Kolb hinter dem stehe, was er sage und tue. Das habe ihm in der Pfarrei Hochachtung eingebracht. |som

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