Kreis Kusel „Schüler war meine erste Rolle“

Der Gastregisseur der nächsten Musical-Produktion des Pfalztheaters, Cusch Jung, kehrt für seine Inszenierung der „West Side Story“ für einige Wochen von Berlin nach Kaiserslautern zurück. Am Pfalztheater hatte er als Zwölfjähriger in Kästners Klassiker „Emil und die Detektive“ seine ersten Erfolge gefeiert. Danach folgte eine beispielhafte Karriere als Schauspieler, Sänger, Tänzer und Regisseur auf vielen nationalen Bühnen. Reiner Henn sprach mit ihm.

War rückblickend schon die Schulzeit für die Theaterlaufbahn prägend?

Schon die Schule war für mich eine Art Bühne, und der Schüler war meine erste Rolle, die ich dort spielte. Und die Lehrer waren ebenfalls wie Schauspieler. Karikaturen, die Klassiker wie die Feuerzangenbowle mit Heinz Rühmann weit in den Schatten stellten. Wie kommt man auf die Idee, die Schule als Podium zu sehen? Meine Eltern hatten Schallplattensammlungen, etwa von Herbert Hisel; ich kannte die Gedichte von Heinz Erhard und alle Filmkomiker wie mein Idol Louis de Funès. Es reizte mich einfach, alle zu parodieren, und in der Schule stellte ich – etwa beim Abhören – meine Versuche vor. Und doch reichte irgendwann die Schule als Theater nicht mehr? Stimmt. Ich kam zusammen mit meinem Bruder Hans, er als Statist, zum Pfalztheater, um bei Kästners Detektiven mitzuwirken. 1972 folgte dann mein Engagement als 14-Jähriger beim Auftritt zusammen mit Ellen Schwiers und Michael Mendl in „Macbeth.“ 1976 schloss sich mein Mitwirken bei „Anatevka“ an. Und das alles ohne eine Schauspielschule oder Gesangsunterricht. Nach einer Akkordeonausbildung lernte ich autodidaktisch Klavier und Gitarre und gründete zusammen mit Stephan Flesch die Formation Tangram, die vierstimmigen Gesang und Gitarrensound kultivierte. Wie ging es nach dem Abitur weiter? Das Abi machte ich übrigens an der Gesamtschule, wohin ich wechselte. Viel habe ich dem ehemaligen Pfalztheater-Intendanten Wolfgang Blum zu verdanken, der mir eine Art Ausbildungsvertrag als Regieassistent vermittelte. In den Jahren 1978 und 1979 lernte ich so weiter vor und hinter den Kulissen. Danach folgte ich meiner damaligen Freundin nach Lübeck, wo ich meinen Zivildienst absolvierte. Auf Empfehlung Blums durfte ich dort beim Theater als Einspringer zwei Jahre lang weitere Erfahrungen sammeln. Und zwar vom Schauspiel über Musical bis zur Mozart-Oper „Zauberflöte“. Und nach den lehrreichen Jahren? Traf ich zufällig, wenn man überhaupt an solche im Leben glaubt, in Lautern Blum wieder, der mir in einer Musical-Erstaufführung die Hauptrolle anbot. Ich sagte zu und lernte so beim Ballett meine jetzige Ehefrau kennen und blieb bis 1984 beim Pfalztheater. 1982 wirkte ich bei einer legendären Aufführung der Inszenierung von Charly P. Axton mit, der eben diese „West Side Story“ leitete. Axton ist ein fundierter Kenner dieser zugrundeliegenden Rhythmen wie Huapango aus Puerto Rico. Wie hat es Sie dann nach Berlin verschlagen, wo Sie heute leben? Mit der schon in Lautern als Judas gespielten Rolle bei Webbers „Jesus Christ“ kam ich nach Berlin, zum Theater des Westens. Und ein Traum wurde Wirklichkeit, ging in Erfüllung. Hier war ich fast 15 Jahre erster Solist im Musicalbereich. Zusammen mit Hildegard Knef und Ute Lemper auf der Bühne. Und meine Frau im Ballett, das waren die erfolgreichsten Zeiten. Warum endeten sie? Vor Vollendung des 15. Jahres kam wie so oft in der Branche die Kündigung, um eine dauerhafte Festanstellung zu verhindern. Wie konnten Sie das auffangen? Mit ständigen Engagements bei verschiedenen Häusern, so für Projekte wie „Mamma Mia“ oder „Sister Act“ in Hamburg als Bühnendarsteller. Und schließlich ab 1996 mit einer freiberuflichen Regietätigkeit, da bin ich stilistisch breitgefächert und setze auf meine Bühnenerfahrung. Zurück zur „West Side Story“, wie werden Sie diese angehen? Es ist ein stets aktuelles, zeitloses Thema, aber für meine Inszenierung in der Entstehungszeit des Musicals, in den 1950er Jahren, angesiedelt. Das bedeutet, es spielt in amerikanischen Slums und Ghettos, die Personen agieren in Kleidern dieser Zeit. Gibt es einen Leitfaden für die Inszenierung? Grundsätzlich muss man heute die Fernseh- und Konsumgewohnheiten des Publikums beachten: Das erwartet Schnelligkeit, Rasanz, ständigen Szenenwechsel wie ein Karussell. Aber andererseits keine Übertreibung. Nicht nur die Darsteller bewegen sich. Auch die Kulissenkommen in Bewegung, Gassen, Häuserschluchten werden so bedrohlicher, erdrückend, scheinen die Menschen zu verschlingen.

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