Kreis Kusel Jodeln aus dem Bauch heraus

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Singen kann richtig harte Arbeit sein, das erfuhren die 45 Uhus (unter Hundertjährige), die sich aus dem gesamten Landkreis und sogar aus Saarbrücken, Mainz und dem nahen Ostertal zum dritten Singecamp auf Burg Lichtenberg einfanden. Im Mittelpunkt der dreitägigen Proben Ende vergangener Woche stand der dreistimmige Chorgesang. Knifflige Aufgaben hatte die muntere Sängerschar während einer musikalischen Wanderung am Samstagnachmittag zu lösen.

Nein, bei den 45 Uhus handelt es sich nicht um Eulen, sondern um agile Senioren– Uhu steht für unter Hundert. Für die 34 Frauen und elf Männer war Kreativität während der drei Tage angesagt. Das begann schon am Freitagabend, als die Teilnehmer ihre Lieblingslieder vorstellten. Lieder, die sie an ihre Jugend erinnerten, wurden melodisch aufgepeppt. So wurden beispielsweise aus Dalidas „Am Tag als der Regen kam“, Jürgen Markus’ Ohrwurm „Ein Lied geht hinaus in die Welt“ oder der Evergreen der Beatles „Komm gib mir deine Hand“ eigene Arrangements entwickelt. Das, was von Musiklehrerin Angelika Rübel, ihrem Bruder Matthias Stoffel (Klavier) und Sopranistin Martina Veit erarbeitet worden war, sei eine Leistung gewesen, so umschrieb es der Kuseler Kurt Keller, der seit über 40 Jahren bei den „Wackepickern“ singt. Im Vordergrund stand jedoch die Freude, „mit Gleichgesinnten zu singen“, ergänzte seine Frau Gerda. Sie habe vor drei Jahren beim ersten Workshop den Weg zum Chorgesang gefunden und singe seit dieser Zeit beim Thallichtenberger Frauenchor „SingTonic“. Als Bereicherung empfand Gerda Keller auch den Einzelunterricht, den Stimmbildnerin Martina Veit anbot. Meist sei es die falsche Atmung, erklärte Veit gegenüber der RHEINPFALZ, die verhindere, klare, saubere Töne singen zu können. „Um besser die Töne zu regulieren, brauchen wir die Bauchatmung“, betonte die Diplom-Musikerin. Wie wichtig Bauch- und Kopfstimme sind, erfuhren die Uhus beim Jodelunterricht, der während der musikalischen Wanderung von Burg Lichtenberg nach Körborn schon im untern Burggarten auf sie wartete. Dort postierte sich Matthias Stoffel auf einer Burgmauer, legte beide Hände trichterartig vor den Mund und jodelte übers Tal hinweg ein lautes „Hoo-Jaa-Hoo-Daa-Raa-Rie-Hoo“. Wie ein Echo erschallte aus 45 Kehlen im schnellen Wechsel zwischen Bauch und Kopfstimme ein „Hoo-Jaa-Hoo- Daa...“. Apropos Klang: Dieser ist oft kaum mit Worten zu beschreiben. So auch die Schwingungen der fünf Klangsteine vor dem Geoskop, die Pianist Stoffel mit Gummihämmern zum Vibrieren brachte. Um Klang ging es auch an der nächsten Station: Irgendwo zwischen Körborn und der Burg Lichtenberg stellte Musiklehrerin Angelika Rübel der Gruppe die Aufgabe, die Harmonie der Volksweise „Am Brunnen vor dem Tore“ zu begreifen. Dann mussten die Uhus Akkorde ausarbeiten und schließlich einen dreistimmigen Chorgesang zur Melodie arrangieren. In Körborn angekommen, wurde das Ganze nochmals rhythmisch bearbeitet sowie bei Schwenkbraten und kühlen Getränken harmonisch „gepattert“, wie Fachfrau Rübel ergänzte. Ebenfalls eine Herausforderung und Höhepunkt zugleich war die Vertonung von Cäsar Flaischlens (1864 -1920) Gedicht „Ganz still, zuweilen wie ein Traum...“, die die Teilnehmer des Singecamps, begleitet am Piano von Matthias Stoffel, am Sonntag in der Zehntscheune uraufführten. Obwohl offiziell als Camp bezeichnet, handelt es sich bei diesem mehrtägigen Workshop nicht um ein Zeltlager; geschlafen und geprobt wurde nämlich in der Jugendherberge, wie Inge Schütz aus dem saarländischen Dörrenbach betonte. Sie fehlte bisher bei keiner der bisherigen Veranstaltungen und freut sich schon auf das nächste Jahr, wenn es wieder – frei nach Hannes Wader – heißt: „Gut wieder hier zu sein...“. (res)

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