Kusel Mit Irrtum aufgeräumt

KUSEL/SELCHENBACH. Die aus Kusel stammende Nazi-Größe Richard Imbt (1900 bis 1987) wurde erst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zum Bürgermeister in Kusel gewählt, und nicht etwa davor, wie zahlreiche Autoren immer wieder fälschlich behaupten. Dies fand Hans Kirsch aus Selchenbach heraus. In der jüngsten Veröffentlichung der „Pfälzer Heimat“ räumt der Regionalhistoriker unter dem Titel „Von Enten und ihrer Zählebigkeit“ mit dem weit verbreiteten Irrtum auf.

Kirsch fand bei seinen Recherchen im Kuseler Verbandsgemeinde-Archiv schon vor längerer Zeit heraus, dass Richard Imbt am 19. März 1933, also nach der Machtergreifung der Nazis am 30. Januar zum Leiter der Bürgermeisterei Kusel gewählt worden war. Relativieren will Kirsch mit dieser Klarstellung allerdings gar nichts, wie er betont. „Ich will die Kuseler keinesfalls reinwaschen“, sagt der ehemalige Polizeibeamte. „Das hätten sie auch gar nicht verdient.“ Denn der Bezirk Kusel sei eine Hochburg der Nazis gewesen, stellt er klar. Schon bei den beiden Reichstagswahlen 1932 errangen die Nazis eine klare absolute Mehrheit. Dennoch, von einem Kuseler NSDAP-Bürgermeister bereits vor der Machtübernahme könne keine Rede sein, betont Kirsch. Dabei habe er schon seit vielen Jahren immer wieder gelesen, dass Imbt bereits vor der Machtübernahme gewählt worden sei, berichtet der Regionalhistoriker. Mehrfach habe er Autoren auf den Fehler hingewiesen, aber immer wieder seien neue Rechercheure dieser Falschinformation erlegen. Laut Kirsch hat Imbt selbst diese Unwahrheit an die Presse gegeben. Sowohl in einem Artikel des „Pfälzer Anzeigers“ vom 26. April 1938 wie auch einen Tag später in der „NSZ-Rheinfront“ war anlässlich der auf Initiative des Stadtrates erfolgten Verleihung der Kuseler Ehrenbürgerschaft an Imbt zu lesen, dass dieser hier schon vor der Machtübernahme zum Bürgermeister gewählt worden sei. Mehrere Jahrzehnte lang habe sich diese Unwahrheit in der Pfalz verbreitet, auch dank namhafter Autoren, berichtet Kirsch. Die gleiche Fehlinformation finde sich sogar bei der Landeszentrale für politische Bildung. Denn oftmals würden Quellen nicht sorgfältig einzeln geprüft, weiß Kirsch. Mit seinem Beitrag in Heft 1/2015 der „Pfälzer Heimat“ hat er diese Falschinformation nun als „Ente“ entlarvt. Hans Kirsch, auch Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins Ostertal, arbeitet derzeit am vierten Band der Chronik des mittleren Ostertals. Nach drei umfangreichen, bereits erschienenen Bänden befasst sich der vierte unter anderem mit der Nazizeit. Nach seinen Recherchen war Julius Emrich vor der Machtergreifung Erster Bürgermeister des Amtes Kusel. Dazu gehörten auch die Orte Schellweiler, Dennweiler-Frohnbach, Bledesbach, Körborn, Blaubach, Diedelkopf und Ehweiler. Emrich habe am 25. Februar 1933 sein Amt niedergelegt, weil er umziehen wollte. Imbt war Spross einer Blaubacher Bauernfamilie. Nach Auskunft der Blaubacher „Arbeitsgruppe Dorfgeschichte“ war die Familie seit 1750 im Dorf bekannt. Das Haus in der Blaubacher Hohl, aus dem Richards Großvater Adam stammte, wird im Volksmund „Embe“ genannt. Adam Imbt war nach Recherchen der Dorfgeschichtler ehemaliger Gemeinderat. Sein Enkel Richard, Sohn eines Wandermusikanten, habe die Kuseler Luitpoldschule besucht, wo sein Vater Hausmeister gewesen sei, schreibt Rainer Dick in der RHEINPFALZ vom 11. August 2000. Später sei er Schüler am Progymnasium gewesen und habe eine Ausbildung bei der Stadtverwaltung begonnen. Vom Kuseler Rathaus sei er vorübergehend nach Zweibrücken gewechselt, bis er in Ixheim Verwaltungsoberinspektor geworden sei. 1926 trat er in die NSDAP ein und wurde bald zu einem der wichtigsten Mitarbeiter von Gauleiter Josef Bürckel, dessen Ziel eine „judenfreie Pfalz“ war. Wenige Wochen nach seiner Wahl zum Bürgermeister in Kusel wechselte Imbt nach Bad Dürkheim und Neustadt. 1938 wurde er dann Oberbürgermeister in Kaiserslautern, wo er bald die Synagoge niederreißen ließ. Imbt behielt seine Stellung in Kaiserslautern bis zur Befreiung durch die Amerikaner im März 1945. Nachdem er sich zunächst mit Frau und Kindern nach Bayern abgesetzt hatte, stellte er sich kurze Zeit später den Behörden und verbrachte vier Jahre als „besonders belasteter“ NS-Funktionär in Internierungslagern. Als einer seiner Fürsprecher während der Entnazifizierung gilt Andreas Cassel, evangelischer Dekan von Kusel. Imbt starb 1987 in München. (suca)

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