Kusel Dornröschenschlaf bald beendet

Das Café Schwinn in Kusel wird wieder öffnen. Im September soll die traditionsreiche Bäckerei samt Kaffeehaus aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. Betreiben werden den runderneuerten Gastronomiebetrieb Ottwin Merz und seine Ehefrau Christel, Inhaberin des „Café im Stadtgarten“ in der Kuseler Bahnhofstraße. Das Ehepaar aus Ramstein-Miesenbach möchte seine ersten Gäste in der Fußgängerzone bereits zur Herbstmesse willkommen heißen.

Vor mehr als vier Jahren hatte der bis dato letzte Interessent abgewunken. Zu teuer, hatte der Chef eines in Konken ansässigen Bäckereiunternehmens damals konstatiert – und damit die Höhe des Pachtzinses gemeint, den der damalige Besitzer des Anwesens gefordert hatte. Mittlerweile aber haben sich die Bedingungen geändert. Die neuen Besitzer des Anwesens und die künftigen Hausherren sind sich recht rasch einig geworden. „Es gab durchaus Interessenten; auch solche, die eine andere Nutzung ins Auge gefasst hatten“, sagte auf Anfrage Andreas Schnellting. Der Kuseler Immobilienmakler war nach eigenem Bekunden damals noch nicht mit im Boot, sondern ist von den Erben des damaligen Eigentümers mit der Vermarktung beauftragt worden. Das Anwesen ist nach wie vor in Besitz der Familie Schwinn. Der Makler selbst war es, der die Sache eingefädelt und bei der Suche nach einem Interessenten fündig geworden ist. „Warum in die Ferne schweifen...“, kommentierte Schnellting sein Motiv, die Betreiber des „Café im Stadtgarten“ als Erste anzusprechen und auszuloten, ob sie sich denn nicht vorstellen könnten, das Café Schwinn mit neuem Leben zu füllen. Das Ehepaar März war überrascht, durchaus skeptisch, aber keineswegs abgeneigt: „Man hat ja so einiges gehört. Aber wir wollten es uns mal ansehen“, berichtete Ottwin Merz gestern davon, wie ihn und seine Frau das Angebot auf Anhieb gereizt habe. Allerdings sei ihm ja auch nicht verborgen geblieben, dass in der Vergangenheit von immensen Pachtforderungen die Rede gewesen war. Und dass es hieß, mit der Einrichtung sei es nach mehr als vier Jahren Leerstand auch nicht zum Allerbesten bestellt. Was folgte, waren Lokaltermine. „Spät am Abend, im Dunkeln“, berichtet Merz lachend. Was er und seine Frau zu Gesicht bekamen, hat beide positiv überrascht. „Nix Geisterhaus, und keine dicke Staubschicht auf den Möbeln.“ Die Besitzer hätten investiert, etwa neuen Boden verlegt, die Küche neu ausgestattet, die sanitären Anlagen erneuert. Als auch die Gewerbeaufsicht nur Kleinigkeiten ausmachte, die es noch zu beheben gilt, war die Bahn frei. Die folgenden Verhandlungen seien unkompliziert verlaufen. Alles in allem sei die Entscheidung „innerhalb vier, fünf Wochen“ gefallen, sagt Merz. Der Miesenbacher ist vom Fach. „Backen hab ich mir beigebracht“, sagt Merz scherzhaft – ein Meisterbrief im Konditor-Handwerk zeugt von seiner beruflichen Qualifikation. Betriebsinhaberin ist seine Ehefrau. Das „Café im Stadtgarten“ wird mit Eröffnung des Café Schwinn zwar nicht mehr als solches betrieben. Einen Leerstand wird es aber in der Bahnhofstraße deshalb nicht geben. Das Verkaufsgeschäft werde man in der bisherigen Form weiterführen, versicherte Merz. „Es ändert sich nichts am Sortiment.“ Beliefern wird er die künftige Dependance dann allerdings von der Fußgängerzone aus. Sämtliche neun Beschäftigten wird das Ehepaar Merz behalten. Die meisten werden künftig im Haus Schwinn arbeiten. Absehbar sei, dass sich der Personalbedarf womöglich noch steigere, blickt Merz voraus. Fast viereinhalb Jahre lang waren die Pforten des alteingesessenen Cafés und der Bäckerei geschlossen gewesen. Ultimo war am 31. März 2010. Der Betreiber, der in großen Zahlungsschwierigkeiten war, hatte die Schließung vorab bereits angekündigt und an jenem Tag vollzogen, zuvor aber nach einem Nachmieter gesucht. Am Tag der Schließung hatte der Bäckereiunternehmer aus Konken gegenüber der RHEINPFALZ erklärt, er habe seine Pläne, das Café zu übernehmen, endgültig verworfen. Die Forderungen des Hauseigentümers seien zu hoch. Der letzte Betreiber hatte das Café 18 Jahre lang geführt. Nach eigenem Bekunden hatte er 1992 rund eine Million D-Mark in die Erneuerung des Betriebs investiert. Bis zu seiner Übernahme war das Haus von der Familie Schwinn geführt worden. (cha)

x