Kreis Kaiserslautern Wohl kaum Ruhe im Ruhestand

Das Ticket in den Pfarrerberuf war die Fahrkarte nach Landau. Ein Religionslehrer hat sie Waldemar Müller gemeinsam mit einem Fahrplan in die Hand gedrückt, damit der Oberschüler eine Informationsveranstaltung der evangelischen Landeskirche zum Werben des geistlichen Nachwuchses besuchen konnte. 40 Jahre sind seitdem vergangen. Am Sonntag wird Müller, der die protestantische Kirchengemeinde Niederkirchen-Heimkirchen, betreut, mit einem Festgottesdienst in die Altersteilzeit verabschiedet.

Der größte Teil der Umzugskisten ist gepackt. Am Montag wird die Tür des Pfarrhauses in der Schulstraße 13 hinter dem Ehepaar Müller zufallen. Der Geistliche tritt mit der Freistellungsphase der Altersteilzeit einen neuen Lebensabschnitt an, dem er mit Vorfreude entgegensieht. „Ich habe viele Gespräche geführt und niemanden getroffen, der das bereut hat“, sagt er im Hinblick auf den Freiraum, den er mit der neuen Lebensphase gewinnt. Vor acht Jahren ist Müller mit seiner Ehefrau Irma in der Gemeinde am nördlichen Zipfel des Landkreises Kaiserslautern angekommen. Nachdem seine bisherige Gemeinde in Rammelsbach (Landkreis Kusel) wegen Zusammenlegung aufgelöst worden war, hat es ihn etwa 30 Kilometer weiter ostwärts gezogen. Dem Bergland und dem Landleben ist er treu geblieben. Genauso wie die Frau an seiner Seite schätzt er beides. „Die Stadt wäre nichts für uns“, ist sich das Paar einig: Sie aus Hessen kommend und er mit Wurzeln im Landkreis Kusel, genauer in einem Forsthaus in Altenkirchen. In die Wiege gelegt war ihm die Kirchenarbeit nicht. Vielmehr war es eine Eigenart seines Magens, die seinen zukünftigen Werdegang anstieß, indem er sich gegen jede Busfahrt mit vehementer Übelkeit wehrte. Für seinen Vater war klar: „Den Bub kann man nicht mit dem Bus aufs Kuseler Gymnasium schicken.“ Stattdessen kam er im Internat des Aufbaugymnasiums unter, dem heutigen Heinrich-Heine-Gymnasium in Kaiserslautern. Interesse an Religion und der christlichen Arbeit hatte er schon immer, aber hier waren es die Erfahrungen und Begegnungen mit Menschen, die ihm schließlich die Fahrkarte und damit auch 1974 die Tür zur Kirchlichen Hochschule in Bielefeld-Bethel öffneten. Zwei Jahre später setzt er sein Theologiestudium an der Universität Heidelberg fort. Bei einem Kreativangebot lernt er seine Frau, Studentin der Heilpädagogik, kennen. Ein Sohn und eine Tochter kommen auf die Welt und 1979 tritt der junge Vater sein zweijähriges Vikariat in Eisenberg, Grünstadt und Bad Dürkheim an, gefolgt von der Pfarrstelle in Rammelsbach. Seine Frau begleitet ihn ohne Weh und Ach zu seinen Wirkungsstätten, stellt ihren Beruf etwa zehn Jahre wegen der Familie zurück und engagiert sich ehrenamtlich in den Kirchengemeinden. Zahlreiche Angebote für Kinder, Jugend und Frauen – viele davon im kreativen Bereich – ruft sie ins Leben. Eine Tatsache, der sich Waldemar Müller wohl bewusst ist und die er zu schätzen weiß. „Die Aufgaben, die meine Frau übernommen hat, waren eine große Entlastung und Bereicherung“, erkennt er an. Er selbst ist durch das Koordinieren des religiösen Lebens und die Verwaltungsaufgaben in der Kirchengemeinde gefordert. Sie umfasst 1600 Gemeindeglieder in Niederkirchen mit den Ortsteilen Heimkirchen und Morbach sowie die Dörfer Hefersweiler und Berzweiler. Ohne Sorgenfalten auf der Stirn kann er seine „Schäfchen“ an seinen Nachfolger, Pfarrer Manfred Roos, übergeben. Dieser hat die Pfarrstelle in Gundersweiler inne und wird voraussichtlich ab September seinen Dienst in Niederkirchen antreten. „Er trifft hier auf gute Bedingungen“, sagt Müller mit Zuversicht. Von Niederkirchen zieht es das Ehepaar nun etwas weiter südlich in den Landstuhler Stadtteil Atzel, in ein Eigenheim mit Garten. Entscheidend für diese Wahl war, dass Irma Müller nun die Entscheidungsgewalt über den zukünftigen Wohnort hatte und ihr Ramstein-Miesenbach als auch die Sickingenstadt durch ihre Arbeit als Heilpädagogin nicht fremd waren. Beide, Jahrgang 53, sind nicht bange, dass Langeweile aufkommt oder der Terminkalender weiß bleibt. Gibt es denn Hobbys? „Noch und nöcher“, winkt der Pfarrer ab. Neben der Gartenarbeit und dem Gemüseanbau locken Städte und Länder, die sie bei Reisen entdecken wollen. Und dann sind da noch die zwei Enkelkinder, mit denen sie mehr Zeit verbringen wollen.

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