Kreis Kaiserslautern „Ich will alle meine Kühe noch kennen!“
«GERHARDSBRUNN.» Regen, endlich Regen! Eine Erlösung für alle, besonders aber für die Landwirtschaft. Da lässt Dominik Guhl doch gerne den Miststreuer stehen. Der Mist muss warten, draußen ist es zu nass. Dafür wächst das Gras ob der ungewöhnlich feucht-warmen Witterung jetzt im Dezember sichtbar. Auch das Getreide legt noch ein bisschen zu, geht aber hoffentlich bald in Winterruhe. Ansonsten besteht die Gefahr, in einem kalten Januar oder Februar Schaden zu nehmen.
Das Wetter hat schon immer die Landwirtschaft und seine Menschen bestimmt. Das war auch bei Reinhard Guhl so, der 1958 mit seinem Vater nach Gerhardsbrunn kam. Ein kleiner Pachthof mit 20 Hektar Land war der Anfang. Das Pferd war wichtig, zog die Hacke durch die Kartoffeln, die damals zu Schnaps gebrannt wurden und es zog den Heuwender, sorgte für das Futter der zehn Milchkühe. Selbst vor den Pflug wurde es gespannt. „Das war eine ziemliche Plagerei für Mensch und Tier“, blickt der Senior der Familie auf eine Zeit zurück, in der die Landwirtschaft eine reine Knochenarbeit war. Zehn Zuchtsauen, ein Eber und jährlich etwa 120 Mastschweine standen damals ebenfalls im Stall. Auf dem Feld wuchs noch kein Weizen, dafür Roggen und Braugerste. Der Mensch band die Gaben von Hand. Nach vorne schauen war aber damals schon die Devise. Neben den Arbeitspferden gab es schon früh einen 25-PS-Allrad-Traktor, und der wurde alsbald verstärkt. „Wir haben 1966 einen 45-PS-Traktor angeschafft und im Ort nur Kopfschütteln geerntet“, erinnert sich Reinhard Guhl. Das war ihm egal, es musste vorwärts gehen. Deshalb kam 1965 der erste Mähdrescher auf den Hof. Sein Enkel Dominik Guhl muss beim Gedanken an die alten Gerätschaften schmunzeln. Heute, ein gutes halbes Jahrhundert später, sitzt Dominik Guhl zwar auch noch auf ziemlich alten Arbeitsgeräten, es rollt aber auch der Traktor mit 200 PS über die Felder, Klimaanlage und GPS inklusive. Dominik und sein Vater Karl-Heinz Guhl bewirtschaften 150 Hektar und bringen Futter für 70 Milchkühe und ihre Nachzucht sowie für 500 Hühner nach Hause. Die Kühe stehen längst nicht mehr angebunden im Stall, und mit einem Eimer zwängt sich auch keiner mehr neben das Kuheuter, um die Milch abzuzapfen. Das Melken erledigt der Roboter. Was sich über die Generationen nicht geändert hat: An Arbeit mangelt es auf dem Bauernhof nie. Nicht einmal im eigentlich ruhigen Dezember. „Es gibt immer mehr zu tun, als Hände und Zeit da sind“, verweist Bauer Karl-Heinz Guhl auf anstehende Umbauarbeiten oder die „To-Do-Liste“. „Da schreiben wir das ganze Jahr auf, was gemacht werden muss“, sorgt Sohn Dominik vor, dass die Geräte auch intakt sind, wenn es auf dem Hof rund gehen muss. Auch das gehört seit Generationen mit zur Landwirtschaft: Anpacken, Reparieren. Was für den Hofnachfolger dagegen gar nicht dazu gehören sollte, ist der übergestülpte Zwang, immer weiter zu wachsen und immer größere Ställe bauen zu müssen. „Ich will meine Kühe noch kennen“, macht sich der 20-Jährige schon Gedanken über die Zukunft. Noch mehr Direktvermarktung kann er sich gut vorstellen. „Warum nicht eine alte stabile Rinderrasse auf der Weide halten und das Fleisch dann regional anbieten?“, stellt er eine Frage für sich selbst in den Raum. Die Antwort kennt er noch nicht, weiß aber: „Egal wo es hingeht, das Arbeitspensum muss zu schaffen sein!“ Kurzfristige Zukunftsgedanken klären sich mit der aktuellen Lieferung an Zuckerrübenschnitzel, die aus der Zuckerfabrik Offstein anrollt. Der Maissilage fehlt es in diesem trockenen Jahr an Energie und der Grassilage an Menge. Das süße Zusatzfutter, das nun auch noch im Silo liegt, wird dem Milchvieh gut munden, und es wird definitiv helfen, die Lücke zu schließen, die der allzu trockene Sommer im Futtervorrat der Guhls hinterlassen hat. Jetzt im Dezember wächst zwar das Gras, aber es ist definitiv zu spät für den dritten Futterschnitt. Der ist im trockenen Jahr 2018 ausgefallen.