Kreis Kaiserslautern Eigentlich ideal fürs Land

Hat das Elektro-Auto seine Zukunft schon hinter sich? Keineswegs, finden die Befürworter der umweltfreundlichen Transportmittel. Sie luden am Pfingstmontag zu einem „Infotag Elektromobilität“ rund um das Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz. Rund 300 Interessierte stießen dabei nicht nur auf Informationen, sondern durften auch ein paar emissionsfreie Runden durch das Biosphären-Reservat drehen.

Ganz so ungetrübt wie 2012 ist die Begeisterung von Harald Westrich nicht mehr. Damals hatte sich der Bürgermeister der VG Otterbach einen kleinen elektrischen Flitzer gekauft. Und er erzählte jedem, wie viel Spaß ihm sein praktizierter Umweltschutz macht. Am Pfingstmontag berichtete er, dass seine täglichen Fahrten zumindest bei Kälte und Regen nicht immer die reine Freude sind: „Obwohl ich mir inzwischen Kunststofffenster für meinen ,Twizy’ gekauft habe, bin ich bei einem Gewitter platschnass geworden“, räumte Westrich in seinem „Erfahrungsbericht“ im Haus der Nachhaltigkeit ein. Verständnisvolle Zustimmung herrscht bei den etwa 50 Zuhörern im Vortragssaal des Hauses. Wer zur ökologischen Avantgarde gehören will, muss eben etwas wetterfester sein als der Durchschnitt. Und notfalls ein bisschen mehr Geld für etwas weniger Komfort ausgeben, besonders wenn er mit einem „Null-Emissions-Auto“ unterwegs ist. Dafür kann er sich zur besonders umweltbewussten Gemeinde von Elektro-Mobilisten zählen. Auch wenn deren Zahl bislang ziemlich überschaubar ist: Ganze 622 elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge waren Ende letzten Jahres in Rheinland-Pfalz gemeldet. Dabei sollte das „Autoland Deutschland“ schon längst viel weiter sein. „Eine Million Elektro-Autos bis 2020“ lautete einmal das Ziel der Bundesregierung, ausgesprochen von Kanzlerin Merkel. „Wenn man das herunterrechnet, kämen auf unser Bundesland etwa 6700 Fahrzeuge“, hat Matthias Orth-Heinz von der Energieagentur Rheinland-Pfalz ausgerechnet. „Wir sind also noch ein gutes Stück von diesem Ziel entfernt.“ Außerdem werde die Elektromobilität bisher vor allem für die Ballungsräume diskutiert, für den ländlichen Raum scheine das kein Thema zu sein. Und das ist für Orth schlicht falsch: „Hier leben die meisten Pendler, ihre Arbeitswege betragen im Schnitt 60 Kilometer pro Tag. Eigentlich ideale Voraussetzungen für Elektroautos.“ Wären da nicht mindestens drei Faktoren, die dem Siegeszug des E-Mobils bislang im Wege stehen: die hohen Anschaffungskosten, mancherlei Zweifel an der Reichweite der Batterien und eine fehlende Steckdosen-Infrastruktur. Auch die glühendsten Verfechter der umweltfreundlichen Mobilität müssen einräumen, dass die Westpfalz hier nicht ganz vorn liegt. Selbst für den Infotag in Johanniskreuz musste der Veranstalter rasch noch ein paar Ladestationen für die ausgestellten Fahrzeuge besorgen. „War nicht ganz einfach“, gibt Hausherr Michael Leschnig zu. Dafür durften die rund 300 Besucher mit allen Sinnen prüfen, welchen Fortschritt die Elektro-Autos selbst gemacht haben. Längst ist die Zeit der putzigen „City-Stromer“ aus den Neunzigern, die eher an Kabinenroller erinnerten, vorbei. Praktische Kleinwagen, nützliche Transporter und glanzvolle Limousinen beherrschen inzwischen auch dieses Marktsegment. Und viel bestaunter Star war auch in Johanniskreuz ein Sportwagen der amerikanischen Firma Tesla, das sich im Besitz eines Installateur-Unternehmens aus Rodalben befindet. „Gebraucht erstanden, war gar nicht so teuer“, wiegelt Geschäftsführer Matthias Neßler ab. So entwickeln sich im Lauf des Nachmittags regelrechte „Kilowatt-Gespräche“. Interessierte Kunden, Neugierige und „alte Hasen“ tauschen sich über die Vorzüge der einzelnen Modelle aus, geben sich Tipps über neue Schnelllade-Stationen. Nur ein Mann mit stattlicher Statur – 1,98 Meter groß und gut 150 Kilo schwer – steigt enttäuscht aus einem französischen Kombi: „Zu wenig Platz.“ Und weil das Wetter allmählich in einen frischen Landregen umschlägt, steigt Harald Westrich schnell in seinen kleinen Flitzer. Mit angeknöpften Plastik-Seitenfenstern, damit er nicht wieder platschnass wird. (mibo)

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